Mitten in Wolfratshausen:Einen über den Durst beraten

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Bier nur mit Rotwein und bloß keine Limo - wie ein moderner Getränkehändler auf die Kunden eingeht

Von Claudia Koestler

Ein wichtiger Faktor des sozialen Miteinanders ist die Fähigkeit, vorausschauend zu handeln. So weit, so bekannt. Doch die Getränkehändler in den Dörfern und Kommunen des Landkreises standen bisher nicht im Verdacht, sonderlich viele Angebote zur modernen Lebensberatung zu unterbreiten. Zumindest, wenn sie über die benötigten Mengen Alkohol für fröhliche Vereinsfeiern und Burschenpartys hinausgingen. Im Gegenteil: Die Geschäfte wurden in der Regel unspektakulär abgewickelt. Wer Durst hatte, bekam Getränke im Austausch gegen Bares. Und die Sache mit dem Leergut klappte auch relativ zuverlässig, wenn sie denn von Menschen und nicht von Maschinen zurückgenommen wurden.

Doch die Zeiten ändern sich. Aktuelle Trends und Themen brauchen nicht mehr länger, bis sie von den großen Städten die ländlichen Kommunen erreichen. In Wolfratshausen werden inzwischen neueste Erkenntnisse umgesetzt, bevor sie bewusst gefordert werden. Jedenfalls legte neulich in der Loisachstadt ein Getränkefachverkäufer erstaunliche Sachkenntnis und nicht minder erstaunlichen Beratungseifer an den Tag, als es galt, die richtige Komposition zur Durstlöschung zu Hause zu finden. Profan sei das nämlich ganz und gar nicht! Es gebe eine Menge zu beachten.

Zum Beispiel die Lebenswege der Familienmitglieder im Haushalt. Gebe es zum Beispiel - was sei man von Beruf? - mehrere Medienvertreter, könne, nein, müsse man zum Kasten Feierabendbier auch genügend Rotwein einplanen. Denn Journalisten seien erwiesenermaßen stark am Glas, behauptete der Händler. Ein bisschen trotzig war plötzlich der Wille erwacht, doch lieber eine Kiste Softdrinks zu bestellen. Von Limonaden jeglicher Art und Couleur, referierte der Experte allerdings weiter, würde er dringend abraten. Das Zeug sei hierzulande nicht mehr vermittelbar: zu viel Zucker, zu wenig Sozialprestige, faule Zähne, das ganze Programm.

Da mochte einem die Spucke wegbleiben, aber der Mann hatte zumindest hier einen Nerv getroffen. Die Empfehlung, statt verpönter Zuckerbrühe gesellschaftlich goutierte Johannisbeersaftschorle zu nehmen, erwies sich als familienbündlerischer Erfolg. Und wenn einen zwischendurch doch mal wieder die längst überholte, alte Last der Lust auf Cola einholt, muss man fortan eben in die Großstadt fahren.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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