Mitten in Wolfratshausen:Die Bürde des Prinz-Seins

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Fasching ist ein Erlebnis für alle Sinne. Das ist nicht immer angenehm. Zum Glück muss man daran nicht alles verstehen

Kolumne von Julian Erbersdobler

Das Schöne am Fasching ist doch, dass man ihn nicht verstehen muss. Das fängt schon bei der Proklamation der Prinzenpaare an. Das klingt ja erst mal nach großem Kino, nach Staatsakt. Wer schon mal auf einer solchen Proklamation war, der weiß: alles Quatsch. In der Realität baumelt dem neuen Prinzen am Ende dieser ehrwürdigen Zeremonie eine Wurstkette um den Hals. Regensburger an Regensburger hängen da an einem Mittzwanziger herab, der sich unter Umständen sogar die Nase zuhalten muss, um den würzigen Geruch wenigstens etwas von sich fern zu halten.

Fasching ist eben ein Erlebnis für alle Sinne. Wenn er denn mal da ist, kommt man ihm nicht aus. Man sieht auf Parties Menschen als Senftuben verkleidet, die das eigentliche Motto "Helden meiner Kindheit" sehr frei interpretieren. Wieder andere Maskierte hört man Lieder grölen, die genauso klingen wie ein bekannter Wolfgang-Petry-Song ("Hölle, Hölle, Hölle"). Und riechen kann man den Fasching natürlich auch. In den meisten Fällen begegnet er einem, wenn man versucht, einen dieser Faschingswütigen anzusprechen. Dann bleibt einem oftmals besonders der Atem des Gegenübers in Erinnerung. Kein Wunder: Wer den ganzen Tag gute Laune verbreitet, muss sich ja schließlich auch stärken. Und was bietet sich da Besseres an, als hochprozentiger Zaubertrank?

Aber man muss das eben alles nicht verstehen. Fasching ist wie ein Witz, den man entweder sofort schnallt oder eben gar nicht. Zugegeben, wer sich in die letztere Kategorie einordnet, kapiert nicht, warum alle die ganze Zeit so verdammt gute Laune haben. Schon gar nicht die Prinzen, die seit der Proklamation im November diese kiloschweren Wurstketten verwalten müssen. Man kann sich die ja auch nicht einfach ins Zimmer hängen wie einen Traumfänger oder eine Girlande. Es kann schon eine Bürde sein, sich zum Narren schlagen zu lassen.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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