Mitten in Wolfratshausen:Der Theologe und der reine Geist

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In einem Buch verbindet ein Kirchenrechtler die Liebe zum Glauben mit der zum Whisky. Doch auch der Alkohol ist eine Gottesgabe, die das Spirituelle befördert, wenngleich nur in moderater Dosierung.

Von Wolfgang Schäl

Um ehrlich zu sein, die Sache mit dem Heiligen Geist haben wir schon in der Volksschule nicht verstanden. Dieses düster dreinblickende, dreieckige Auge im damals gebräuchlichen "Gottbüchlein" war uns nie geheuer, und wir mögen es bis heute nicht. Da war uns der bärtige alte Mann auf der Wolke einfach lieber. Ähnlich unheimlich sind die schwebenden Feuerzungen, in denen sich der Heilige Geist unter Sturmesbrausen selber ausgesendet und dem Vernehmen nach den Jüngern die Fähigkeit verliehen hat, in fremden Sprachen zu reden. So steht es sinngemäß in "katholisch.de", wir haben extra nachgeschaut und lassen das mal unkommentiert so stehen, wenngleich die Anmerkung erlaubt sein muss, dass wir diese brausenden Zungen im Lateinunterricht oft gut hätten brauchen können.

Nun nähert sich ein gestandener, promovierter Theologe und Kirchenrechtler dem Bereich des reinen Geistes auf eine eher diesseitige, aber umso angenehmere Weise: Unter der Rubrik "Wasser des Lebens" führt Pfarrer Wolfgang Rothe eine besondere Form der Spiritualität vor und verbindet erklärtermaßen "die Liebe zum Glauben mit der Liebe zum edlen, ebenso alten Alkohol: dem Whisky". Na ja, von wegen Wasser! Aber theologisch ist dies ein höchst interessanter Ansatz, der sich gewiss ebenso gut mit einem preiswerteren Kirschgeist plausibel machen ließe. Denn nicht jeder kann sich einen Glenfiddich Janet Sheed Roberts Reserve leisten.

Wie auch immer: Pfarrer Rothe bietet aus dogmatischer Sicht Trost und Hoffnung auch für den einfachen, sündigen Schluckspecht, denn offenbar ist diese Form der Geistigkeit doch nicht ganz des Teufels. Und selbst wenn: Man soll ja seine Feinde lieben, und hat man nicht selbst im Weinfass schon immer Tiefe und Wahrheit gesucht? Auch der Alkohol ist eine Gottesgabe, die das Spirituelle gewiss befördert, wenngleich nur in moderater Dosierung. Andernfalls braust es direkt im Kopf und nicht oben drüber. Was Pfarrer Rothe am Donnerstag in der Wolfratshauser Stadtbücherei anbietet, ist offenbar nicht direkt eine Andacht, sondern eine Art spiritueller Verkostung, zu der man besser ohne Auto kommt. Das Interesse ist groß - gibt es nur noch Restkarten.

© SZ vom 07.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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