Mitten in Wolfratshausen:Alois goes to Hollywood

Wenn das Handy kaputt ist, erschließen sich völlig neue Welten außerhalb des Internets

Kolumne von Claudia Koestler

Zwei junge Menschen, beides Mädchen im späten Teenager-Alter, sitzen in einem Wolfratshauser Café und klagen sich gegenseitig ihr Leid. Das Handy sei bei ihr gerade kaputt und folglich das Internet unerreichbar, jammert die eine. Damit fehle ihr gerade jeglicher Anschluss an die Entertainment-Industrie. Was tun in diesen düsteren Zeiten? Notgedrungen habe sie deshalb am Vorabend auf den Fernseher der Eltern zurückgreifen müssen, und da sei sie doch tatsächlich auf eine Sendung gestoßen, die ihr neu war: das perfekte Dinner. Prompt sei dort ein gebürtiger Tölzer namens "Alois" aufgetreten, der für seine Gäste in München den Kochlöffel schwang.

Ob er das gut oder schlecht machte, bleibt in der Konversation der beiden völlig nebensächlich. Denn das Mädchen gegenüber fängt bei dem Namen "Alois" das Sinnieren an: "Ist schon ein ziemlich eigentümlicher Name, oder?", fragt sie. Ihr Gegenüber kontert: "Na ja, bayerisch halt." Daraufhin grübelt die Freundin weiter: "Schon. Aber in Hollywood macht man damit bestimmt keine Karriere." Das wiederum spornt die andere an: "Och, weiß ich nicht. Da gab es doch den Alois Schwarzenegger, oder?" Es tritt ein längeres Schweigen ein, währenddessen beide wohl nach weiteren Beispielen kramen. "Die kürzen es in Hollywood wahrscheinlich einfach ab - Lois vielleicht", wirft die eine ein. "Oder Al", entgegnete die andere mit jener Begeisterung in der Stimme, wenn einem ein vermeintliches Licht aufgeht. "Stimmt!", freute sich die andere mit. "Al. Dann heißt Al Pacino also eigentlich Alois Pacino", begeistert sich das eine Mädchen, und die andere wirft ein: "Und Al Capone auch". Nachschlagen, ob das stimmt, können es die beiden allerdings nicht - das Handy dazu fehlt ja. Und so schlürfen sie zufrieden ihren Cappuccino weiter. Als unfreiwilliger Zuhörer muss man zugeben, die Überlegungen der beiden nehmen zwar der Mafia den Schrecken. Allerdings nehmen sie auch irgendwie die Lust auf einen dramatischen Hollywood-Filmabend.

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