Mitten in Schäftlarn:Das Grün als graue Theorie

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Um sich unter der Wuchsordnung der Gemeinde etwas vorstellen zu können braucht es viel Fantasie...

Kolumne von Ingrid Hügenell

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Das ist schön, und wer diesen Satz liest, sieht vor seinem inneren Auge sofort eine Rose, kann ihren Duft womöglich sogar riechen. Auch wer "Baum" denkt, hat davon ein Bild, vielleicht von einer Linde oder einer Eiche, hört raschelnde Blätter und fröhlich pfeifende Vögel.

Dennoch kann man Gertrud Steins Satz von der Rose nicht einfach auf Bäume ummünzen. Ein Baum ist keinesfalls ein Baum ist ein Baum. Jedenfalls nicht für die Leute, die in der Abteilung Grünordnung des Landratsamts München tätig sind. Vielleicht haben auch sie ein Bild vom Baum im Kopf. Auf dem Papier aber, auf dem sie Stellung nehmen zu Bebauungsplänen, ist ein Baum für sie entweder ein standortgerechter Baum erster Wuchsordnung oder zweiter oder dritter Wuchsordnung. Und er kann heimisch sein und ein Laubbaum oder exotisch oder eine Konifere. In die Gärten an der Schäftlarner Auenstraße gepflanzt werden dürfen heimische, standortgerechte Bäume mit einer "Mindestpflanzqualität Hochstamm 3X verpflanzt, Stammumfang 18 bis 20 cm, Kronenansatz bei mind. 2,5 m Höhe", und zwar 1. oder 2. Wuchsordnung. Wahlweise können es auch zwei Bäume dritter Wuchsordnung sein oder zwei Obstbäume. So etwa steht es nun nach dem Wunsch im Bebauungsplan der Gemeinde Schäftlarn für die Auenstraße, nur noch etwas ausführlicher. Wer es da zwitschern hört, braucht schon viel Fantasie.

Im Plan steht auf Wunsch der Grünordnung auch, dass einige Arten wie Cornus mas sowohl als Kleinbaum wie auch als Großstrauch zu haben sind. Dass die Blüten von Cornus mas, der Kornelkirsche, sehr zeitig im Frühjahr eine hervorragende Bienenweide darstellen und die Früchte im Herbst nicht nur prima sind als Nahrung für allerlei Tiere, sondern auch eine tolle Konfitüre abgeben, davon schreibt die Grünordnung nichts. Das ist sehr schade. Denn womöglich würden die Gartenbesitzer leichter akzeptieren, dass man ihnen Vorschriften macht, wenn sie wüssten, dass es darum geht, Bienen, Schmetterlingen, Käfern und Vögeln gute Lebensbedingungen zu schaffen. So fühlte sich sogar der Schäftlarner Grünen-Gemeinderat und Gartenfreund Gerd Zattler an Karl Valentin erinnert. Gut gemeint ist leider oft etwas anderes als gut gemacht.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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