Mitten in Penzberg:Blauschafe statt Blauhelme

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Diese blauen Kunststoff-Schafe stehen derzeit wachend vor dem Rathaus in Penzberg. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Penzberger Rathauses verfügt neuerdings über eine friedfertige Leibgarde

Kolumne von Konstantin Fahrner

Das Penzberger Rathaus hat seit Neuestem eine Leibgarde. In Reih und Glied vor dem Eingang postiert, bewacht die vier Mann starke Truppe Tag und Nacht seit ein paar Tagen die bürgermeisterliche Stadtratresidenz. Der Aufschrei in der Öffentlichkeit wäre wahrscheinlich groß, gäbe es da nicht einen marginalen Unterschied zu den meisten anderen Leibgarden dieser Welt. Zwischen den grauen Pflastersteinen des Stadtplatzes und der elektronischen Schiebetür des Rathauses stehen nämlich keine durchtrainierten, sonnenbrillentragenden Bodyguards, keine farbenfroh uniformierten Hellebardenträger und auch keine in rathausbeige getarnten Berufssoldaten, sondern: Schafe. Blaue Schafe. Aus Plastik.

Interessant. Stellt sich nur die Frage, wie sie denn das Rathaus im Falle eines Angriffs denn gegen die anstürmenden Truppen verteidigen wollen? Sie sind ja kaum bewaffnet. Man beachte außerdem, dass auch die betroffenen Rathausbeamten in so einem Fall auch völlig wehrlos wären, könnte so ein Plastiktier doch maximal als halbstarkes Wurfgeschoss Verwendung finden. Also was genau tun diese impressionistischen Schafsattrappen dann hier?

Eine kleine städtische Infotafel gibt Auskunft: Die "friedliche grasende Schafsherde", wie es heißt, sei ein Symbol für "ein menschliches Miteinander, appelliert an soziale Verantwortung und wirbt für eine tolerante Geisteshaltung." Also rein symbolisch das Ganze. Schafe sind friedlich und Blau ist die Farbe der europäischen Friedensbewegung. Die Schafe sind also die neuen symbolischen Friedenshüter der Stadt, sozusagen unter der Schirmherrschaft der EU. Nicht Blauhelme, sondern Blauschafe. Schönes, plastisches Symbol. Passt auch zum Stadtbild.

Aber ihren guten Ruf müssen sich die hiesigen Rathauswächter in Blau dennoch erst erarbeiten, sind doch die Baumkronen der Penzberger Jubiläumsbäume erst kürzlich einem Akt von Baumfrevel zum Opfer gefallen. Hoffentlich duldet man solch ein Verhalten in Zukunft nicht mehr. Die Jubiläumsbäume wollen ja auch ihren Frieden. Sie sind schließlich ebenfalls ein Teil von Europa.

© SZ vom 17.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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