Wood-Bathing statt Waldeslust

Von Gerhard Polt stammt die wunderbare Erfindung des Fresh-Air-Snapping. In seinem fiktiven kleinen bayerischen Kurort Bad Hausen ist es neben Mushroom-Searching und Candlelight-Brotzeiting eine echte touristische Attraktion. Was für ein Fortschritt nach Jahrmillionen des schieren Ein- und Ausatmens von Luft. Fresh-Air-Snapping: Da weht doch gleich eine Brise von großer weiter Welt. Luftholen für Kosmopoliten eben. Satire? Ach, was! Längst überholt von der Wirklichkeit. Im schönen Irschenhausen wird gerade "der etwas andere Kreativ-Workshop" im "Waldbaden" angeboten. Wow! Da hat sich doch endlich mal jemand was einfallen lassen. Einfach rausgehen in den grünen Tann war gestern. Heute "nehmen wir ein Bad in der Atmosphäre des Waldes". Wie das? Die Expertin fürs kreative Planschen im Forst sagt es uns: Wir öffnen die Sinne und lassen uns auf die eigenen Wahrnehmungen ein. Und was spüren wir? Fragen über Fragen: "Warum tut uns die Farbe Grün so gut?" oder: "Warum ist der Wald mit seinen 'selbstähnlichen' Strukturen für unser Gehirn so erholsam?" Ja, warum eigentlich? Schlichte Gemüter wie wir haben sich bisher einfach zu wenig mit irgendwelchen selbstähnlichen Strukturen auseinandergesetzt. Sondern fürs eigene Gehirn schon mal bei Goethe nachgeschlagen: "Ich ging im Walde/so für mich hin,/und nichts zu suchen,/das war mein Sinn ...." oder bei Mörike: "Unter die Eiche gestreckt, im jung belaubten Gehölze/lag ich, ein Büchlein vor mir ... " Ach, hätten die alten Meister doch schon das kreative Bad im Walde gekannt: "Zweieinhalb bis drei Stunden" für schlappe 20 Euro. Dann hätte "Wandrers Nachtlied" wohl anders geklungen: Über allen Gipfeln/ist Ruh',/in allen Wipfeln/spürest Du/kaum einen Hauch;/die Vögelein schweigen im Walde./Warte nur! Balde/löhnest du auch.