Als vor etlichen Jahren eine Reisende aus Südamerika in Bad Tölz einen Einheimischen fragte, warum es denn so eine prächtige blühende Landschaft in Bayern gebe, bekam sie zur Antwort: weil das Bier so gut schmecke. Nach einigem Nachdenken verstand sie: Was man genüsslich zu sich nahm, wurde mit biologischer Selbstverständlichkeit durch den Latz in der Lederhose der Natur zurückgegeben, die sich für die Düngung mit prächtigen Blumen bedankte. Heute ist das Wildbiesln verpönt, vor allem im urbanen Raum. Wer sich dabei erwischen lässt, wird es schwer haben, mit dem botanischen Nutzen zu argumentieren und muss sogar mit Bußgeldern rechnen.
Welche Auswirkungen dieses Umdenken auf die heimische Flora hat, ist bislang nicht untersucht worden. Dass die heute übliche Wildbieslerfeindlichkeit aber schlimme Folgen haben kann, ist nun im Polizeibericht zu lesen: Ein bislang unbekannter Täter, heißt es darin, habe zwischen Samstagabend und Sonntagnachmittag die Tür zum Vorraum der ehemaligen öffentlichen Toilettenanlage am Neuen Platz in Geretsried gewaltsam aufgebrochen. "Eventuell handelt es sich um Vandalismus", meldet die Polizei. Über die Motive der Zerstörung, die einen Sachschaden von 50 Euro zur Folge hatte, gibt es keine Angaben. Allerdings habe man "in Tatortnähe leere Getränkeflaschen aufgefunden". Die Geretsrieder Polizei sucht nach Zeugen.
Man muss kein Sherlock Holmes sein, um sich die druckvolle Lage vor Augen zu führen. Die Indizien sprechen jedenfalls für eine Verzweiflungstat. Womöglich kann sich der Täter sogar auf Notwehr berufen. Zumal Wildbiesln im Stadtgebiet für den scheuen Delinquenten offenbar überhaupt nicht in Frage kam. So weit ist es also gekommen. Verhindern ließe sich derlei Schaden künftig aber trotzdem: durch mehr öffentliche Toiletten - mit offenen Türen.