Mitten in Geretsried:Durchblick im Isarwinkel

Illustration: SZ (Foto: N/A)

Beim Stammtisch der Freien Wähler trägt eine Bedienung majestätisch eine silbrige Kassette in den Raum - darin sind keine Zigarren

Von Barbara Briessmann

Nie ohne. Sie ist eigentlich immer dabei, seit ein paar Jahren wichtiges Utensil in der Handtasche: die Lesebrille. Auf die Augen eines anderen Gleichaltrigen mag sich niemand verlassen, wenn es ums Lesen geht. Zu verschwommen sind doch meist die Angaben eines Zeitgenossen ohne Sehhilfe. Zum Beispiel beim Einkaufen. Die Preise sind kaum zu entziffern, ganz zu schweigen von den Inhaltsstoffen auf den Verpackungen. Nur mit Lupe zu dechiffrieren.

Auf die Lupe ist ein Drogeriemarkt als Service gekommen. An den Einkaufswagen ist ein Vergrößerungsglas angebracht, um sehgeschwächten Kunden das Shoppen sichtlich zu erleichtern. In vielen Büchereien liegen inzwischen Brillen bereit, damit Lesen Freude statt Kopfschmerzen bereitet.

Köpfchen beweist augenscheinlich die Gaststätte Isarwinkel in Geretsried. Dort versammelten sich jüngst zum Stammtisch die Freien Wähler mit ihren Gästen. Sie hatten das Nebenzimmer, das Theresienstüberl, gewählt. Plötzlich habe sich an diesem Abend die Tür geöffnet, so eine Beobachterin, majestätisch habe eine Bedienung eine große silbrige Kassette in den Raum getragen. Gäste mutmaßten, dass nun Zigarren gereicht würden. Nein. Vernebelt werden sollte im Stüberl nichts. Lesebrillen wurden in dem Behälter angeboten. Durchblick für die Politik sozusagen.

Oder doch nur Hilfe für die ungetrübte Sicht auf die Speisekarte?

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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