Mitten in der S-Bahn:Wann sind wir endlich da!?

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Die Qualität einer Schulstunde ließ sich recht präzise daran messen, wie schnell die 45 Minuten vergingen. Bei den morgendlichen S-Bahn Fahrten zur Arbeit ist es ähnlich

Von MARLENE KRUSEMARK

Offiziell dauert es 41 Minuten vom Münchner Hauptbahnhof zum S-Bahnhof Wolfratshausen. 41 Minuten sind quasi 45 Minuten und damit genau die Zeit, die man früher im Klassenzimmer auf die Uhr gestarrt und gewartet hat, dass der erlösende Pausengong ertönt. Die Qualität einer Schulstunde ließ sich damals recht präzise daran messen, wie schnell diese 45 Minuten vergingen. Bei den morgendlichen S-Bahn Fahrten ist es ähnlich. Klebt noch Radler am Boden? Hat man den Vierersitz für sich allein und kann sich vielleicht sogar am Fenster anlehnen? Oder sitzt man umzingelt von überfleißigen Pendlern, die ihre Laptops schon gezückt haben und der stehenden Luft ungeachtet auf ihre Tastaturen einhacken? All das ist ausschlaggebend, ob man genervt alle dreißig Sekunden auf die Uhr schaut, womöglich sogar das Abteil wechselt oder verträumt am Fenster lehnend auf die Alpen wartet.

Womit aber definitiv jede S-Bahn Fahrt steht und fällt, ist die Anzahl an Babys und Kindern im Abteil. Nicht nur haben vor allem Schulklassen die Tendenz, alle Flächen durch aufgeregtes Hin- und Hergerenne komplett zu besetzen, sie stürzen den S-Bahn-Fahrgast auch in ein ethisches Dilemma. Genervt gucken sollte man nicht, sich beschweren schon gar nicht, wenn einem mal wieder ein Dreijähriger in den Schoß stolpert oder ein Baby versucht, nicht nur seiner Mama, sondern auch allen anderen Pendlern 45 Minuten lang mitzuteilen, dass etwas nicht stimmt.

Kinder sind ja süß. Und man gönnt es den Kleinen, dass dieser Zug sie gerade aus der grauen und abgasverseuchten Großstadt herausholt, wenigstens für einen Tag. Trotzdem kann er gar nicht schnell genug kommen, der viel beschworene Gong, der damals nach 45 Minuten ertönte. In diesem Fall hat er die Stimme eines MVG-Mitarbeiters und sagt: "Nächste Station Wolfratshausen".

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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