Mitten in der Region:Spendierhose im XS-Format

Der Kampf ums Wasser im Restaurant

Kolumne Von Marie Groppenbächer

Mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit sollte ein Erwachsener durchschnittlich schon an einem normalen Tag aufnehmen. Wer bei heißen Temperaturen viel schwitzt, Kreislaufprobleme hat oder zu Kopfschmerzen neigt, muss besonders darauf achten, ausreichend zu trinken. Die Betreiber eines Fitnessstudios in der Region haben jetzt an ihre Mitmenschen gedacht und am Eingang für alle Passanten eine große Karaffe Leitungswasser, gespickt mit saftigen Zitronen- und Orangenscheiben, gestellt. "Bedienen Sie sich" steht auf einem Schildchen daneben.

Von solcher Freigiebigkeit könnten sich Cafés und Restaurants mal eine Scheibe abschneiden. Bittet man in Deutschland um ein Glas Leitungswasser zum Essen, wird man meistens schief angeschaut. Häufig erhält man dann mit gönnerischer Geste H₂O in homöopathischer Dosis oder wird auf das angebotene Mineralwasser verwiesen. Leitungswasser ausgezeichnet als Tafelwasser, zwei Euro günstiger serviert, ist dann schon das Höchste der Spendiergefühle.

Es stellt sich die Frage, wieso Gastronomen in Frankreich oder England Wasser sogar ungefragt kredenzen. Meistens steht die Wasserkaraffe schon bereit, bevor der Gast Platz genommen hat. Der französische Wirt muss zum Essen, der englische zum Alkohol Wasser servieren. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Vielleicht zieht der Bayer ja auch mal die Spendierhosen an. Immerhin orientiert er sich nicht an den Wirten am Markusplatz in Venedig. Da kosten 0,25 Liter Wasser aus der Flasche schon mal zehn Euro.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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