Mitten in der Region:So ein Früchtchen

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Eine Melone im Supermarkt ist zu schwer für die Waage. Deshalb lässt der Kunde sie liegen

Von Gregor Schiegl

Neulich hievte in einem Supermarkt ein Familienvater eine Melone aufs Kassenband, die in Form und Größe an eine Fliegerbombe erinnerte und gewiss gereicht hätte, Frau (mittelgroß) und Kind (klein) bis weit in den Oktober zu verköstigen. Die Kassiererin rollte die saftige Vitaminbombe mit einem gewissen Respekt auf die Kassenwaage, möglicherweise auch aus einer Art innerem Pflichtgefühl für den Claim, den das Unternehmen allen Mitarbeitern auf die Schürze gedruckt hat: "Wir lieben Lebensmittel". Doch auch Liebe hat ihre Grenzen, und in diesem Fall lag sie bei 15 Kilogramm. Das war das Maximum, was die Supermarktkasse bewältigen konnte.

Eine erfahrene Kollegin taxierte das Ungetüm, legte den Kopf schief und meinte: "Des san mindestens 20 Kilo." Aber weil Schätzen auch nicht weiterhalf, verfrachtete sie die Melone in einen Einkaufswagen, der damit gut gefüllt war, und verschwand. Nun hätte man gerne gewusst, mit welchen gewieften Versuchsanordnungen sie das wahre Gewicht der Melone zu ermitteln suchte. In Mathebüchern finden sich zu solcherlei Problem ja zahlreiche Lösungsansätze. Der simpelste, weil ganz unmathematische Methode wäre es gewesen, die Melone in zwei Hälften zu teilen und dann zu wiegen. Aber das tut keiner, der Lebensmittel liebt.

Unterdessen wurde die Schlange an der Kasse lang und länger, und nachdem einige Minuten nichts geschah, brach sich bei den ersten Kunden Unmut Bahn. "Was dauert denn da so lange?", plärrte einer. Als man ihn unterrichtete, da müsse "was gewogen werden", wurde er nicht freundlicher. "Das kann ja wohl nicht so lang dauern", sagte er verdrossen. Nach einigen Minuten kam der Einkaufswagen mit Melone zurückgerollt. Die ratlose Verkäuferin meinte, sie würde 15 Kilogramm berechnen, dann könnte die Familie das Ding haben. Doch die hatte sich damit abgefunden, dass ihr Findling zu viel Ärger verursachte, und inzwischen eine andere Melone aufs Band gelegt. Die war nur noch so groß wie ein Medizinball und wog weniger als 15 Kilogramm. So endete das Melondram. Die Fliegerbombe blieb liegen und wartet wohl immer noch auf einen mutigen Käufer.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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