Mitten in der Region:Persisches Bairisch

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Man sollte öfter mal mit dem Taxi fahren

Kolumne Von Nicole Graner

Wir nennen ihn jetzt einfach mal Herr A. Er ist Taxifahrer. Ein ziemlich netter und auch ein guter sogar. Sehr geschmeidig wuselt er durch den dichtesten Verkehr, bremst nicht wie verrückt, sondern sucht die rechte Lücke zur rechten Zeit. Und das Schönste: Er redet "Baiersisch". Also eine ziemlich irre Mischung aus Bairisch und Persisch. Aufs erste Hinhören klingt es wirklich so, als wäre Herr A. der Besonderheiten des Bairischen mächtig. Da wird aus dem Ich ein I, er verneint auch richtig und stellt das "ned" brav im Satz hintenan. Auch den Konjunktiv bildet er astrein, also nach dem Prinzip "I hätt gern zoid". Nur zwischendrin da stutzt man etwas. Irgendwie werden bestimmte Wörter in die Länge gezogen, manche vernuschelt und auch seltsam betont. Manchmal klingt das Ja von Herrn A. wie Cha.

Vollkommen egal. A. kommt aus Persien. Aber lebt schon lange in Bayern, wie er sagt. Dass er Bairisch spreche - nun, das habe er seiner Frau zu verdanken, denn die komme ja schließlich aus der Region. Und dort müsse man schon ein bisschen Bairisch reden können. Ob man es denn selber könne? Freilich, sagt der Fahrgast.

Und fortan wird Bairisch gesprochen. Sich ausgetauscht über die Politik, den Söder, die Ilse, ja, auch den Trump. Und den Verkehr in München. "Scho lästig, gell?" Und dann - viel wichtiger - über die Kinder. Also er zahle seiner Tochter lieber weiter die Studentenbude in München - auch wenn sie teuer sei. Was man habe, das habe man schließlich. Und sie solle doch nicht so viel pendeln müssen. Er erzählt von der Pariser Metro, die einfach Verbindungen einstelle, ohne den Fahrgast zu informieren. "Da haben wir es doch gut hier." Er lacht. Hier würde man informiert, aber die Lautsprecheransagen "gar ned verstehen". Naja, bei der Bahn sprechen sie eben nicht Baiersisch.

28 Jahre ist Herr A. schon Taxifahrer. Er liebt seinen Job. Freut sich über gute Gespräche - über seine Familie und das schöne Leben ganz generell. Was für eine wunderbare Fahrt!

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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