Mitten in der Region:Dahoam in der Bayern-Lounge

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Das wahre Bayern findet man am Tor zur Welt...

Von Gerhard Wilhelm

Der Flughafen München nennt sich gerne "Bayerns Tor zur Welt" und rühmt sich, Europas einziger "5-Star-Airport" zu sein. Viel Weltoffenheit, aber was bekommt der Fluggast von Bayern dort so mit? Im Titel steht München und mit den Stichworten Bayern und München kann man in fast jedem Land der Welt ein Gespräch anfangen, aber am Flughafen ist Bayern eher dezent vertreten. Es gibt einen "Airbräu" mit bayerischem Bier und sogar einen Biergarten mit echten Kastanienbäumen. Gegenüber residiert eine amerikanische Fastfood-Kette. Im Inneren wirbt der Airbräu damit, dass er "urtümlich und stimmungsvoll" sei, mit einem Kachelofen in einer "Tiroler Zirbelstube aus dem Jahr 1897". Im Forumsstüberl finde man zudem "bayerisch-rustikales Dekor".

Dekor, laut Duden eine "(farbige) Verzierung, (Gold)muster, besonders auf Glas- und Porzellanwaren" oder "Ausstattung (eines Theaterstücks oder Films)". Also ist der Airbräu eher eine Kulisse. Mit einer Zirbelstube hat sich schon der ehemalige bayerische Ministerpräsident Max Streibl so manchen Spott abgeholt, als er sich eine in die neue Staatskanzlei einbauen ließ. Wenn die Zirbelstube auch noch in Tirol steht. . . da hat wohl einer die Landesgrenze ein bisserl zu großzügig ausgelegt.

Jedenfalls hat die Bayern Tourismus Marketing GmbH sich wohl gedacht, das muss man ändern, um dem internationalen Fluggast das wahre Bayern zu zeigen. Deshalb eröffnet am 17. Oktober am Flughafen eine "Bayern-Welcome-Lounge", in der Gäste aus aller Welt verweilen sollen. In der Lounge (keine Zirbelstube!) soll ihnen "anhand multimedialer Erlebniswelten kurzweiliges Infotainment und Reiseinspirationen rund um den Freistaat" geboten werden. Womöglich kann man mittels 3D-Brille eine virtuellen Spaziergang durch Schloss Neuschwanstein machen.

Ob das alles dem Strauß gefallen hätte, ist unbekannt. Er stand zwar auch auf Hightech (Starfighter), aber wenn er wo ankam, hörte er am liebsten den Defiliermarsch, gespielt von einer Blaskapelle. So eine könnte doch auch im Zentralbereich jeden Tag live spielen, damit der Gast gleich weiß, wo in Bayern die Musi spielt. Mit "dem" Strauß ist übrigens nicht der Vogel gemeint, sondern Franz Josef Strauß, bayerischer Ministerpräsident von 1978 bis 1988 und gescheiterter Kanzlerkandidat der CDU/CSU bei der Bundestagswahl 1980. Den Strauß haben auch andere schon so gut wie vergessen, da muss man gar nicht einer jüngeren Genaration angehören. Zum Beispiel Bayerns Tor zur Welt. Den Namen Franz Josef Strauß findet man auf der Homepage des Flughafens so gut wie gar nicht. Aber eigentlich heißt der Münchner Airport (MUC) "Franz Josef Strauß Flughafen". Ob das einer in der Lounge weiß?

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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