Mitten in der Region:Cool, kooler, am kuhlsten

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Wenn sich Ministerien an Wortspielen versuchen, kann das eigentlich nur schiefgehen

Kolumne Von Florian J. Haamann

Man erinnert sich mit einer Mischung aus Fremdscham und Faszination: Etwa 25 Jahre ist es her, dass Peter "Cool Man" Steiner für einen Schokoladenproduzenten den zauseligen Klischee-Öhi gab und mit dem Satz "It's cool, man" für eine Minzschokolade warb. Der daraus entstandene Song gehört zu den wohl schauerlichsten Auswüchsen des Neunzigerjahre-Schlager-Techno. Doch trotz aller Fremdscham-Momente, eines hat man sich damals nicht getraut, obwohl es doch - angesichts des weiß-lila gefleckten Wappentiers des Schokoherstellers - so naheliegend und folgerichtig gewesen wäre: Aus dem "cool", das in der damaligen Jugendsprache durchaus schon existierende "kuhl" zu machen. Aber schon seit Tschechow weiß man, wenn im ersten Akt ein Gewehr an der Wand hängt, dann wird es im letzten Akt abgefeuert. Wo also eine Kuh und ein cool, da muss es irgendwann ein "kuhl" geben. Erst dann ist die Geschichte zu Ende erzählt. Nur: Wer ist schmerzfrei genug für diesen Schritt?

Nun kennen wir die Antwort. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) überschreibt seine Pressemitteilung zum Weltschulmilchtag mit der Zeile: Die Milch ist "kuhl". Die Veranstaltung erinnert ein wenig an eine Aktion, die sich das Bayerische Landwirtschaftsministerium 2013 hat einfallen lassen. Mehr als 10 000 Umschläge mit Heu hat man damals an Grund- und Förderschulen geschickt, um bei Landkindern Lust auf Landwirtschaft zu wecken. 120 000 Euro hat die PR-Aktion damals gekostet, die bundesweite Belächelung gab es gratis dazu.

Zum Weltschulmilchtag bekamen Grundschüler in jeweils zwei Unterrichtsstunden alles Wissenswerte über Milch und ihre Produkte vermittelt. Zum Beispiel, dass sich für die Butterproduktion nur Sahne gut eigne. Die werde stark gekühlt und dann in einem Gefäß so lange geschüttelt, bis sich Flüssigkeit und das Fett - also die Butter - voneinander trennen. Gekühlt, aber nicht "kuhl". Denn letzteres ist ein landwirtschaftlicher Begriff: es war das Getreidemaß im Russland des 19. Jahrhunderts.

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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