Mitten in der Nacht:Schreckliche Lebenszeichen

Vor Weihnachten ist nach Weihnachten ist vor Weihnachten...

Von Claudia Koestler

Ertappt! Die vermutlich populärste Schwindelei seit gefühlten acht Wochen dürfte diese Phrase sein: "Wir müssen uns unbedingt noch vor Weihnachten sehen." Dabei ist mindestens schon doppelt so lange klar, dass es sich niemals zeitlich ausgehen wird, all die lange vernachlässigten Freunde zu treffen oder monatelang erwartete Geschäftsabschlüsse zu tätigen - selbst wenn man es nur bei der Hälfte all derer ernst gemeint hätte, denen man diesen Satz mit großen Augen und herzlichem Handschlag versprochen hatte.

Gut, wenn dann andere die Initiative ergreifen - oder auch nicht. Als jedenfalls der markerschütternde Ton durch den Traum fährt, ist zunächst alles nur wirr. Die Uhr zeigt 3.37, der Wecker kann es also nicht gewesen sein. Doch das Handy leuchtet, eine SMS ist angekommen. Mit den Augen voller Schlaf lassen sich gerade so ein paar Satzfragmente lesen: "Tut mir leid", lässt sich entziffern, dann noch "mitten in der Nacht", ein "aber" und dann das Wort "schrecklich". Ab da beginnt die Panikpumpe in der Brust: Was ist nur passiert? Und vor allem wem? Ein Unfall? Ein Überfall?

Mit dem Körper voller Adrenalin lässt sich die Botschaft klarer lesen: "Tut mir leid, dass ich mitten in der Nacht störe, aber es ist einfach so schrecklich schön hier." Es folgen Beschreibungen von Stränden, Surfkonditionen, Sonnenschein und wohlschmeckenden Mixturen hüftschwingender Barkeeper.

Als nach einer halben Stunde alle Flüche ausgestoßen und die Wiedereinschlafversuche offiziell gescheitert sind, steht zumindest ein Plan: Sich ganz in Ruhe im Januar zu treffen. Nach Weihnachten ist schließlich auch irgendwie vor Weihnachten.

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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