Mitten in Bad Tölz:Souvenirs für Filmleute

Schauspieler, Regisseure, Kameraleute und Konsorten waren einst bei den Geschäftsleuten in der Fußgängerzone gar nicht gern gesehen. Heute dreht es sich dort umso leichter...

Glosse Von Klaus Schieder

Bad Tölz hat sich als Filmstädtchen bewährt. Wenn die Kamera für eine Fernsehserie der Marke "Eben gesehen, schon vergessen" über die Giebelhäuser der Marktstraße schwenkt, braucht es weder große Schauspielkunst noch intelligente Dialoge - das Panorama alleine bringt den Unterhaltungswert für den Zuschauer. Das wissen alle, die für deutsche TV-Sender drehen, weshalb die Fußgängerzone immer wieder mal als Drehort dient. Am bekanntesten dürfte die Krimireihe "Der Bulle von Tölz" sein. Die bot in den Neunzigerjahren viel mehr als nur Marktstraßenbilder, sorgte unter den Einheimischen jedoch für einen Grant, wie er auch Hauptkommissar Benno Berghammer eigen war.

Ottfried Fischer und Katharina Jacob, Regisseure und Kameraleute, Tontechniker und Make-up-Spezialisten - dieses fahrende Künstlervolk war bei den Geschäftsleuten in der Fußgängerzone gar nicht gern gesehen. Überall stellte es seine Lastwagen, seine Mikrofone, seine Kamera-Slider und den ganzen Krempel auf, versperrte die Eingänge zu den Läden und verscheuchte die Kunden, die lieber den Dreharbeiten zusahen als gefälligst einzukaufen. Da blieb ja gar nichts anderes übrig, als immer wieder Tölzer Polizei herbeizurufen und gegen den Bullen von Tölz ermitteln zu lassen. Die gestrenge Frage "Hallo, was machen Sie denn hier?" werden die Gesetzeshüter nicht gestellt haben, ein paar Strafzettel klebten allerdings schon an den Fahrzeugen der Filmleute. Aber man muss die Einzelhändler auch verstehen: Es konnte ja keiner ahnen, dass die TV-Serie später viele Touristen und damit Kunden in die Marktstraße locken würde.

Das war alles lange vor der Corona-Krise. Die Tölzer Fußgängerzone ist im Lockdown jetzt schwach besucht, Gasthäuser, Cafés und fast alle Geschäfte haben geschlossen. Prima, mag sich die Produktionsfirma von Veronica Ferres gedacht haben, dann nutzen wir die Chance und drehen in diesen Tagen in der Marktstraße ein paar Szenen für eine TV-Komödie. Darin geht es um eine Frau, die - Überraschung! - als Polizistin arbeitet. Sie wird es leichter haben als einst der Bulle: keine grantigen Ladenbesitzer, keine echten Ordnungshüter. Außerdem hat die Firma vorgesorgt. Für einige Stadtaufnahmen setze man eine Drohne ein, teilt sie mit. Bad Tölz von oben - nun ja ... Solche Aufnahmen ersparen jedenfalls ein paar Souvenirs der örtlichen Polizei.

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