Mitten in Bad Tölz:Schlauchboot im Stau

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Drei Mann in einem Boot? Das reicht längst nicht mehr

Von Klaus Schieder

Das Schlauchbootfahren kann schlauchen. Das wissen all jene, die ihre Bundeswehrzeit als Pionier abrudern mussten. Da hockte man mit den Kameraden auf dem gasgefüllten Bootsrand, in Helm und olivgrüner Uniform, und paddelte im Gleichschlag gegen den Strömungswiderstand von einem Flussufer zum anderen. Wer sich ungeschickt anstellte, fiel auch noch ins Wasser, und wenn er nicht von einem anderen Besatzungsmitglied an der Schulterklappe erwischt wurde, trieb es ihn kilometerweit stromabwärts. Später stand er triefend am Straßenrand und hielt den Daumen raus. Ohne Erfolg, denn welcher Autofahrer mag sich seine Hirschledersitze volltropfen lassen.

Für andere ist das Schlauchbootfahren eine wahre Gaudi. Für viele, sehr viele andere. An glutheißen Tagen kommt ein Boot nach dem anderen von Lenggries her auf der Isar durch Bad Tölz geschippert. Da ist das Seniorinnen-Kaffeekränzchen, das zuvor am Ufer noch Gruppengymnastik betrieben hat - Arme runter, Arme hoch, mit den Händen wedeln, als wollten die Damen schon mal das Winken für die Passage vor der Isarbrücke üben. Dann ein paar russische Touristen, die sich lauthals zanken und gefährlich nahe am Uferrand vorbeischrammen, gefolgt von einem Boot mit gelbem Wetterballon, man kann ja in einem deutschen Sommer nie wissen. . . Selbstredend dürfen Stammtische mit lustigen Bajuwaren nicht fehlen, der Bug ihrer Wassergefährte ragt meist in die Luft, weil das Heck mit Bierkästen beschwert ist, der besseren Balance wegen. Schließlich gibt es auch solche, die das Schlauchbootfahren ganz vorschriftsmäßig betreiben. Neoprenanzüge, einheitliche Sicherheitswesten und Schutzhelme mit Full-HD-Kamera - mit solch vorbildlicher Ausrüstung kann auf den Stromschnellen der Isar nichts passieren, auch wenn man darin aussieht wie ein Teletubby.

Wenn das so weitergeht, wird sich die Stadt überlegen müssen, wo sie wegen des Bootsgedränges noch ein paar Anlegeplätze vor dem Isarwasserkraftwerk schaffen kann. Dafür böte sich das Gelände der ehemaligen Tennisplätze an der Königsdorfer Straße an, womit auch der Streit im Stadtrat gelöst wäre, ob dort Eigenheime oder ein Minigolfplatz entstehen sollen. Andernfalls müsste man die Radiosender über die Verkehrslage informieren: "A93, zäh fließender Verkehr vor einer Baustelle bei Schäftlarn . . . Isar, acht Kilometer Stau zwischen Lenggries und Bad Tölz, die Bootfahrer werden gebeten, auf die Bundesstraße 11 auszuweichen." Diese Tour wäre allerdings ein ziemlicher Schlauch.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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