Ein Journalist sollte seine Sätze stets so einfach wie möglich, wenngleich nicht primitiv formulieren. Aber wenn er durch ein Studium gegangen ist, plumpsen die Lesefrüchte seiner 25 Semester mitunter rein sprachlich in seine Artikel hinein. Dann kann er's nicht lassen, "eruieren" statt "ermitteln" zu schreiben, "insinuieren" statt "unterstellen". Dafür möge der Leser etwas Verständnis haben. Auch ein Journalist will als gebildet gelten, nicht als prolliger Schreiberling. Außerdem wirkt die Wunderwelt der Wissenschaft nach. Als blutjunger Student las er von kognitiver Dissonanz, symbolischem Interaktionismus, methodologischem Individualismus, um hernach auf ein Bier in die Mensa zu gehen, zum Runterspülen. Erst später dämmerte ihm, dass das Fremdwörtergewölk auch mal dazu dienen kann, des Gedankens Blässe zu verschleiern.
Aber es liest sich halt imponierend. Das mochte sich auch der Bund Naturschutz gedacht haben, der in seine Stellungnahme zum Sondergebiet "Hotel am Kurpark" eine Passage hineindrechselte, die von den Tölzer Stadträten leider nicht gewürdigt wurde. Bezugnehmend auf die Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie von Kaplan und Kaplan und eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft im schweizerischen Birmensdorf weisen die Naturschützer auf etwas hin, was sonst unerwähnt geblieben wäre: "Laut der psychoevolutionären Theorie nach Ulrich läuft die Erholung so ab: Eine Szene mittlerer Komplexität und mit natürlichem Inhalt (Vegetation, Wasser) erregt Interesse und führt zu einer positiven emotionalen Reaktion." Unverständlich, dass der Bebauungsplan daraufhin nicht nochmals diskutiert wurde.
Aber gut für den Journalisten. Er könnte nur schreiben, dass ein Spaziergänger auch heute die Hose voll hätte, wenn ihm ein Säbelzahntiger am Kurpark begegnete, von wegen Psychoevolution. Oder dass im Sondergebiet ein paar Bäume und ein Bächlein wohltuender wirken als die 08/15-Bauträgerhäuser. Das wäre jedoch eine bildungsferne Übersetzung. Eine richtig primitive.