Mitten in Bad Tölz:Lokalpolitiker als Lichtgestalten

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Die neue Technik macht es möglich: Die Beleuchtung im Rathaus lässt sich nun an den menschlichen Biorhythmus anpassen

Von Claudia Koestler

So ehrlich muss man sein: Es gibt Themen, die trübe wirken können, und Zusammenhänge, die gar undurchsichtig bleiben. Doch statt sich um Klarheit zu bemühen, agieren manche in solchen Situationen lieber nach dem Motto: "Wenn du sie nicht überzeugen kannst, verwirre sie." Und ja, es kommt vor, dass auch in Stadtrats- oder Gemeinderatssitzungen lange im thematischen Nebel gestochert wird. Wenn dann der Tag langsam zur Nacht wird, die leidenschaftlichen Redner noch immer nicht auf den Punkt gekommen und alle anderen schon geistig ins Schlummerland migriert sind, wünscht man sich schon mal irgendeine Erfindung, mit der man der Diskussion den nötigen Schub verpassen könnte.

Bad Tölz ist in dieser Hinsicht nun seiner Zeit voraus. Man ist sogar versucht zu sagen: um Lichtjahre voraus. Denn im dortigen Stadtrat ist im Dunkeln munkeln passé. Der Sitzungssaal erhält nämlich eine Beleuchtung "auf dem Stand aktueller Forschung und Technik", die "auf den menschlichen Biorhythmus angepasst" ist, wie es in einer Mitteilung des LED-Unternehmens Seebacher heißt. Oder kurzum: "Der Tölzer Stadtrat tagt jetzt mit aktivierendem Licht".

Grundlage für dieses "Human Centric Lighting", wie diese Form der variablen Beleuchtung heißt, sei, dass bläuliches Licht die Produktion des Schlafhormons Melatonin bei Menschen unterdrückt und rötliches Licht dies fördere. "Deshalb ist die Beleuchtung im Ratssaal mit einer kaltweißen und einer warmweißen Lichtfarbe ausgestattet", heißt es. Damit sei es möglich, auf die Bedürfnisse der Raumnutzung einzugehen. "Es können feierliche Galen oder Empfänge mit warmweißer Beleuchtung veranstaltet werden, ebenso wie Sitzungen mit konzentrationsfördernder Beleuchtung in kaltweißer Lichtfarbe".

Anders gesagt: Ein Knopfdruck, und in Zukunft werden die Tölzer Stadträte aktiviert. Ob sie das auch nötig haben, sei mal dahin gestellt. Ein Lichtblick aber ist die Vorstellung allemal, zähe Diskussionen könnten demnächst warmweiß gedimmt zum schnellen Ende gebracht werden, spannende Debatten hingegen mit kaltweißer Konzentration messerscharf beleuchtet werden. Auf dass allen Anwesenden mit der neuen Technik ein Licht aufgehen möge!

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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