Mitten in Bad Tölz:Kunst und Kiesel

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Was ist besser als eine trostlos leere Kiesbank? Fast alles. Dazu gibt es durchaus kreative Ideen

Von Klaus Schieder

Im Spätherbst ist eine Kiesbank an der Isar ein deprimierender Anblick. Ein Haufen nasser Kiesel, daneben ein menschenleerer Fluss. Von daher ist es ein Segen, dass sich in Bad Tölz immer wieder Künstler finden, die dieser Tristesse mit ihren Objekten entgegenwirken. Damit sind jetzt nicht die Schöpfer von herzförmig angelegten Steinkreisen gemeint, die einen Pfeil und ein "Joe liebt Anton. . ." umgeben - wobei das "ia" hinter Anton vermutlich dem Banausentum eines eifersüchtigen Mitbewerbers zum Opfer fiel.

Schon eher gilt die Huldigung solch kreativen Zeitgenossen wie dem ehemaligen Stadtwerke-Leiter, der einst große Kiesberge in einer Art Objektkunst am Isarufer aufschütten ließ. Monatelang standen sie dort, von der Isarbrücke blickten Passanten herab und grübelten ergebnislos über die Botschaft nach. Die bestand eigentlich bloß darin, dass der Stadtwerkechef die Kosten für den Kiesabtransport sparen wollte. Zugute halten muss man ihm aber, dass sein Werk unvollendet blieb: Die Isar wollte im Frühjahr partout kein Hochwasser führen und die perfekt modellierte Hügellandschaft in einem spektakulären Event einreißen. Das nennt man Künstlerpech. Dieser Tage haben sich nun Schulkinder angeschlossen und mit ihrem Lehrer die Kiesbänke mit bunten Steinen verschönert. Eine große Hand, ein Winnie Puuh oder so, darüber. . ., na ja, ohne Brille ist das nur verschwommen zu sehen.

Wenn der Winter vorüber ist, könnte Stadtbaumeister Hannes Strunz den Bebauungsplan fürs Alpamare mit "Natura Tölz"-Kieseln verfremdend darstellen, Leonhardilader Anton Heufelder einen umkippenden Truhenwagen oder die sechs Frühjahrsmarkt-Befürworter im Stadtrat einen traurigen Bürstenverkäufer. Fast alles ist jedenfalls besser als eine trostlos leere Kiesbank. Postskriptum: Unsereinen sollte man von derlei Kunstaktionen bitteschön ausnehmen. Als wir in der Schule einmal ein Pferd malten, lobte uns der Zeichenlehrer verwundert, dass wir da aber einen feinen Bären hinbekommen hätten. Puuh.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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