Mitten in Bad Tölz:Hundertwasser marsch!

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In Quizshows erfährt man so einiges...auch über die Heimat

Kolumne von Klaus Schieder

Wem das Abendessen nicht recht bekommen ist, der hat zwei Möglichkeiten: Er legt sich zur besseren Verdauung aufs Sofa und döst, oder er steigt - sofern vorhanden - auf das Ergometer und beginnt zu radeln. Beides ist auf die Dauer eine stumpfsinnige Tätigkeit, weshalb sich eine Berieselung durch das deutsche TV-Vorabendprogramm empfiehlt, das so gut wie niemals genial und fast immer daneben ist, aber immerhin die Quizshow Genial daneben anbietet. Da erfährt man mitunter amüsante Sachen. Zum Beispiel, dass 300 Soldaten im Mai 1869 in Wien abkommandiert wurden, um in der neu errichteten Staatsoper herumzustehen. Weil das Heizsystem zur Premiere nicht funktionierte, mussten sie das Haus mit ihrer Körperwärme sozusagen vorglühen. Das würde man sich bei manchem Kirchenkonzert heutzutage auch wünschen, aber die Logistik der Bundeswehr ... nun gut, lassen wir das.

In der Quizsendung tauchte unlängst auch die Kreisstadt Bad Tölz auf. Das Rate-Team sollte folgende Frage beantworten: Tölz sei bekannt für a) Hubschrauberflüge in einer Halle der Bergwacht, oder b) ein Kindergartengebäude, das nach einer Zeichnung von Kindern gebaut wurde, oder c) für eine öffentliche Toilette, die der berühmte Künstler Friedrich Hundertwasser entworfen hat. Das mit der Bergwacht und den Helikoptern hat das Team dann sofort eliminiert, auch wenn es die richtige Antwort gewesen wäre. Rotierende Hubschrauber in einer Halle, so verrückt sind nicht mal die Bayern. Realistischer erschien da schon der Kindergarten. Aber das einzige Gebäude, das architektonisch an ein Buntstiftbild von Vierjährigen erinnert, ist die Montessorischule auf der Flinthöhe - und eben kein Kindergarten.

Blieb also nur noch Hundertwasser, auf den sich das Team denn auch einigte. Ach ja, was wäre das für ein Touristenmagnet, wenn der Künstler und fantasievolle Gegner aller geraden Linien ein solch buntes WC-Gebäude für Tölz geschaffen hätte. Mitten in der Marktstraße müsste es stehen, davor würden sich Gäste und Einheimische in einer langen Schlange anstellen, die gar nicht Müssen müssen, sondern einfach nur mal schauen wollen. Aber Hundertwasser ist schon vor 18 Jahren gestorben. Leider hatte in der Kurstadt niemand die geniale Idee, den Wiener Künstler zu Lebzeiten zu kontaktieren. Es gab ja noch nicht mal den Gedanken, die Toiletten überhaupt zu renovieren, die schon damals daneben aussahen. Das geschah erst in diesem Jahr mit der neuen Anlage am Bürgergarten. Dorthin können nun alle Besucher des Christkindlmarkts eilen, die nach Bratwurstsemmel, Punsch und Glühwein ein Grummeln im Bauch verspüren. Eine schnelle Verdauung fördert alleine der lange Weg dorthin.

© SZ vom 24.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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