Mitten in Bad Tölz:Ein Hoch auf den Roboter!

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Mit Warten vbringt der Mensch viel Zeit. So kann er nachdenken, wie sich das mit Hilfe der Technik verkürzen lässt

Von Klaus Schieder

Ungefähr ein Drittel seines Lebens verbringt der Deutsche im Schlaf. Das haben irgendwelche Feldforscher vor ein paar Jahren herausgefunden. Aber da sieht man's mal wieder: Diese Wissenschaftler leben in ihrem Elfenbeinturm und haben allenfalls sporadisch Kontakt zur Außenwelt, sonst müssten sie doch ahnen, dass diese Aussage nicht stimmen kann. Denn jeder muss erfahrungsgemäß die Hälfte seines Lebens herumsitzen und herumstehen - also warten, warten, warten. Wobei es schon vorkommen kann, dass der Mensch gelegentlich auch einnickt. Zum Beispiel vor roten Ampeln, was dann allerseits mit einem fröhlichen Hupkonzert gefeiert wird.

Umso mehr ist die Familie Ünsal vom Pamukkale in Wolfratshausen zu loben, die in ihrer Imbisshütte neuerdings einen Döner-Roboter einsetzt, damit sich die Kunden nicht so lange die Füße in den leeren Bauch stehen müssen. Früher konnte es sein, dass man dort nach Büroschluss in der langen Warteschlange stand, den Himmel über der Sauerlacher Straße erst abendrot und später nachtblau werden sah, die Autos mit ihren Scheinwerferkegeln draußen seltener wurden, die Uhr langsam auf Mitternacht ... ach ja, so war das.

Derlei Erinnerungen vertreiben die Zeit, wenn man in Bad Tölz sommers vor einem der italienischen Cafés für zwei Kugeln Eis ansteht, eingeklemmt zwischen Touristen, nörgelnden Kindern und der eigenen Ungeduld. Leider hat man noch keinen Eiskugelroboter erfunden, der mit metallenem Greifarm in die neuen Sorten wie Lakritze oder Brokkoli hineinfährt, sie auf die Waffel draufbatzt und dem Kunden gegen Zahlung per Smartphone vor die Nase steuert. Auch im Tölzer Rathaus gilt es, aufkeimenden Ärger übers Vergehen der Zeit im dunkel-zugigen Durchgang zu unterdrücken, schließlich sind die Beamten oftmals nett, aber mitunter eben zu wenige. Daran dürfte sich auch nach der Sanierung im modernen Ambiente nichts ändern - außer, dass man dann im hell-zugigen Durchgang herumlungert. Vielleicht erfindet ja mal jemand einen Passverlängerungsroboter, der den Ausweis umgehend ausfertigt - es sei denn, das biometrische Foto zeigt eine unidentifizierbare Leiche auf Urlaub.

Es gäbe noch viele Möglichkeiten für solche Roboter, die Wartezeiten verkürzen. Darüber kann man ausgiebig nachdenken, wenn man in Tölz auf der Schützenstraße steht und nach links in die Badstraße und gen Stadtzentrum abbiegen möchte, was allerdings fast unmöglich ist, weil ständig Autos von links aus der Ludwigstraße und der Badstraße kommen. Auf den von der Stadt versprochenen Kreisverkehr an dieser Stelle wird man noch lange warten müssen. Vermutlich ein Drittel des Lebens.

© SZ vom 08.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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