Mitten in Bad Tölz:Die Zeit ist relativ

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Um auf der Höhe der Zeit zu sein, ist es nie zu spät. Oder zu früh.

Von Claudia Koestler

Schon klar, die Zeit war reif dafür. Und dass man noch immer darauf herumreitet, ist irgendwie von gestern. Der Sommer hat sich verabschiedet, die Winterzeit hat ihre Rolle rückwärts auf den Uhren vollführt. Die meisten dürften sich schon wieder akklimatisiert haben. Oder?

Bei vielen hört man ja kurz vor der Umstellung, dass sie keinen Schimmer haben, in welche Richtung die Zeiger zu drehen sind. Aber für sie gibt es einfache Eselsbrücken: Wenn der Sommer vor einem liegt, dreht man den Zeiger vorwärts, wenn der Winter zurückkehrt, kurbelt man den Zeiger zurück.

Anders verhält es sich im Familienkreis: Dort werden nämlich permanent Zeiger umgestellt, um auf der Höhe der Zeit zu sein. Die einen behaupten, es gehe darum, ein paar Minuten zu gewinnen und nie zu spät zu kommen. Deshalb geht eine Küchenuhr 25 Minuten zu schnell ("reicht für ein gemütliches Frühstück"), eine im Wohnzimmer stolze 97 Minuten ("eine Folge geht noch, mindestens"), und die Autouhr fünf Minuten ("reicht, um einen Parkplatz zu finden"). Andere lassen die Uhren im Schlafzimmer nachgehen, um mit mehr Adrenalin-Kick aus dem Bett zu kommen ("schon so spät!"). Solche Minuten-Marotten summieren sich allerdings, so dass inzwischen keine einzige Uhr im weiteren Kreis korrekt geht. Stattdessen ist bei Verabredungen höhere Mathematik gefragt: Wenn man sich mit jemandem um 20 Uhr verabredet hat, was zeigt dann die Küchenuhr (plus 25 Minuten), und wann sollte man aus dem Haus gehen bei 34 Minuten Fahrzeit? 19.26 Uhr, ist klar. Aber was sagt die Uhr, wenn es real 19.26 ist? Und vor allem: welche?

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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