Mitten im Winter:Eiszeit für Radler

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Ein verschneiter Wald ist wunderschön. Ein mit Schnee zugeschaufelter Fahrradständer ist ein Ärgernis

Kolumne von Walter Gierlich

Musste das jetzt wirklich sein? War es nicht wunderbar, dass man schon im Januar bisweilen seinen Nachmittagskaffee im Freien trinken konnte? Dass nicht nur Schneeglöckchen, sondern an sonnigen Stellen im Garten sogar schon Krokusse in allen Farben aufgeblüht waren? Und jetzt? Jetzt ist seit Tagen alles zugedeckt von einer Deckschicht gefrorenen Wassers. Statt der Vögel, die morgens bei Sonnenaufgang bereits lebhaft vor sich hin zwitscherten, ist nun das Schaben von Eiskratzern auf gefrorenen Autoscheiben zu hören.

Okay, es stimmt ja, ein verschneiter Wald mit endlos scheinender weißer Weite davor sieht erheblich besser aus als kahle Bäume hinter braun-grauem Acker. Und da zumindest die Hauptstraßen gut geräumt sind, haben Autofahrer auch kein Problem mit dem Winter. Anders als Fußgänger und Radler. Auf schlecht geräumten Gehsteigen finden sich tückische Eisbuckel und -platten, so dass man ganz schnell und schmerzhaft flachliegen kann. Zwar sind sogar einige Radwege wirklich gut von Eis und Schnee befreit, doch da wo es keine gibt, sondern nur mit Farbe abgetrennte Fahrstreifen, dienen diese oft als Schnee-Ablageplatz.

Und welche Art der Mobilität in unserer Gesellschaft wirklich Bedeutung genießt, merkt man spätestens beim Einkaufen im Supermarkt. Der riesige Parkplatz ist picobello geräumt, Autofahrer kommen problemlos trockenen Fußes vom Fahrzeug zum Laden. Doch wo befindet sich der beiseitegeschaffte Schnee? Genau! Er ist kniehoch und nun schon steinhart vor den Fahrradständern aufgetürmt. Wohin also mit dem Gefährt?

Wie kann man sich angesichts solcher Ärgernisse über den Wintereinbruch freuen, der doch noch dazu die missliche, politische Weltlage widerspiegelt, wie sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz gezeigt hat. In der frostigen Atmosphäre dort haben sich Staatsmänner verbal dermaßen gegenseitig attackiert, dass die anwesenden Bosse von Rüstungskonzernen sich die Hände gerieben haben dürften, aber nicht um sie zu wärmen. Wir brauchen Tauwetter - im Landkreis ebenso wie auf globaler Ebene.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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