Mitten im Landkreis:Wahlkampf im Sumpf

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Viele Kandidaten sind derzeit in freier Natur unterwegs

Kolumne von Klaus Schieder

Landtagskandidaten haben es auch nicht so einfach. Um die Wähler irgendwie von sich zu überzeugen, müssen sie dieser Tage nicht nur von einem Gasthaus zum nächsten touren, immer wieder die gleiche Rede halten und am Ende feststellen, dass jeder zweite Zuhörer seine Nase schon fast ins Weißbierglas getunkt hat. Ihnen und ihren Helfern obliegt es auch, zwischendurch noch an anderen Orten aufzutauchen, die eine gewisse Symbolkraft haben.

Aus diesem Grund gummistiefelt Florian von Brunn von der SPD an diesem Dienstag durch das Eglinger Filz. Moorrenaturierung und Biodiversität sind fraglos ein wichtiges Anliegen, außerdem kann man später den Fraktionskollegen im Maximilianeum viel Beeindruckendes über Barrenringelnattern und blaugrüne Mosaikjungfern erzählen, beim Weißbier zum Beispiel. Einen Tag später tut es ihm Florian Streibl von den Freien Wählern gleich, der nahe Icking zur Isar marschiert, um sich über die Probleme des Wildflusses, über die Isar gestern und heute, überhaupt über den in der Mitte entspringenden Fluss des Lebens ... nun gut. Hauptsache, die beiden Landtagskandidaten kehren wohlbehalten aus den Biotopen zurück. Sonst steht am nächsten Tag noch in der Zeitung, die SPD stecke im Sumpf. Oder die Freien Wähler würden absaufen.

Eigenartig bloß, dass sich die CSU nicht auch solche Exkursionen für ihren Kandidaten Martin Bachhuber ausgedacht hat. Dabei wäre nach all den Wahlabenden mit Parteigranden wie Horst Seehofer oder Alexander Dobrindt ein wenig Regeneration in der freien Natur sicher bekömmlich. Das Raunen des Windes in den Bäumen würde auf einer Bergwanderung die intelligenzfreien Parteislogans aus dem Gehirn blasen, nach all der verbrauchten Luft in Wirtshaushintersälen in Bad Tölz oder Eurasburg könnte man mal wieder richtig durchatmen. Das Dumme ist nur, dass sich die Christsozialen gerade jetzt keine idiotischen Schlagzeilen leisten können. Bachhuber allein im Wald läse sich ja noch harmlos. Viel schlimmer wäre nach einer solchen Gipfeltour: Die CSU steht am Abgrund.

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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