Mitten im Garten:Nackte Tatsachen

Jedes Jahr das gleiche Elend: Was tun gegen Schnecken?

Von Wolfgang Eitler

Würde man zurzeit am frühen Morgen über den Landkreis fliegen und dabei diejenigen Töne herausfiltern, die nicht vom Auto- und Flugzeugverkehr stammen, wäre mit Sicherheit allenthalben ein scharfer, heller Aufschrei zu vernehmen. Ungefähr so: "Neiiiiin!" Oder "Niiiicht schon wieder!" Er ertönt aus den Gärten im Angesicht eines Tieres, dass alle Gartenliebhaber plagt: die Nacktschnecke. Die Experten von Gartenvereinen und auch vom Amt für Landwirtschaft raten zu Bierfallen, obwohl der Geruch noch mehr dieser schleimigen Wesen anzieht. Schneckenkorn soll sehr gut sein, weil sich die Tiere nach dem Fressen des Gifts in den Boden verziehen und sterben.

Therapeutisch betrachtet, sollten sich die Gartler allerdings ihre Ohnmacht im Angesicht der Weichtiere eingestehen. Sie können gegen diese sich unermüdlich vermehrenden Geschöpfe nichts wirklich Entscheidendes unternehmen. Sisyphos muss im Hades ständig einen Stein nach oben rollen. Und der Gartler versucht vergebens der Schnecke Herr zu werden. Der Hinweis, dass die Tiere, soweit sie ein Haus aus Muschelkalk besitzen, mythologisch betrachtet, mit Aphrodite und deren Geburt aus einem Zwitterwesen in Verbindung gebracht werden können, erstaunt zwar, macht sie aber nicht wirklich sympathischer.

Außerdem war früher alles besser. Früher, so erzählt ein Vertreter des Landwirtschaftsamts, halfen noch Zäune entlang den Beeten vor den Eindringlingen. Aber vor Jahrzehnten ist die spanische Wegschnecken-Variante eingewandert, die groß, fleischig und ohne den Ballast eines Hauses jeden noch so hohen Zaun überwindet. Sie gilt als regelrecht brutal. Wie erleichternd, dass die Nacktschneckenart nicht aus Afrika den Weg zu uns gefunden hat. Nicht auszumalen diese Symbolik.

© SZ vom 06.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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