Mitten im Frühjahrsputz:Aktuelle Randzone

Was ein Laubbläser heutzutage mit der Zonenrandförderung von anno dazumal zu tun hat

Kolumne von Walter Gierlich

Die Älteren unter den Lesern werden sich vielleicht noch an das Phänomen der Zonenrandförderung erinnern. Das gab es in jener Zeit vor dem Mauerfall, als neben der Bundesrepublik Deutschland (BRD) noch die Deutsche Demokratische Republik (DDR) existierte. An der Grenze war damals die (westliche) Welt zu Ende, sodass Menschen von dort wegzogen und Firmen sich gar nicht erst ansiedelten. Um in jenen tristen Landschaften dennoch Arbeitsplätze zu schaffen und die Abwanderung in Grenzen zu halten, gab es für Unternehmen Prämien, wenn sie sich am Zonenrand niederließen. Die wurden eine bestimmte Zeit gewährt, häufig machten die Betriebe umgehend dicht, sobald die Förderung ausgelaufen war. Die Kosten für die dann arbeitslosen Menschen blieben an der Allgemeinheit hängen.

Nach der Wiedervereinigung gab es ein ähnliches Spiel auf Kosten aller steuerzahlenden Bürger in der "Zone" selbst. Betriebe aus dem Westen kauften die DDR-Firmen auf. Dann stellten die neuen Eigentümer die Produktion ein, waren lästige Konkurrenz los und kamen zugleich in den Besitz wertvoller Grundstücke. Wieder waren es die arbeitslosen Ex-Beschäftigten, die in die Röhre schauten, und die Allgemeinheit, die blechen durfte. Auch später liefen solche Geschäfte weiter. Man denke nur an die Abwrackprämien für die angeblich notleidende Autoindustrie oder die Bankenrettung im Zuge der Finanzkrise. Doch so etwas gibt es nicht nur im ganz großen Maßstab. Jüngst war ein Mann mit seinem lärmintensiven Laubbläser auf einem privaten Grundstück intensiv damit beschäftigt, alles auf den öffentlichen Geh- und Radweg zu pusten. Der gemeindliche Bauhof wird den Dreck dann schon beseitigen.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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