Mein Auftritt:Spritztour im Adler Cabrio

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Die Münchner Schauspielerin Cornelia Bernoulli und ihr Bühnenpartner haben dem Autoreise-Pionier Otto Julius Bierbaum ein Programm gewidmet. (Foto: privat)

Cornelia Bernoulli folgt dem PionierOtto Bierbaum über die Alpen

Protokoll: Stephanie Schwaderer

Wie war das, als ein Adler Cabrio die Scharnitzer Höhe überquerte und man Benzin in Italien nur in der Apotheke kaufen konnte? Cornelia Bernoulli (Foto privat) und Bruno Hetzendorfer können Lieder davon singen. Die Münchner Schauspielerin und ihr Bühnenpartner haben dem Autoreise-Pionier Otto Julius Bierbaum (1865 bis 1910) ein Programm gewidmet. Der Dichter und Schriftsteller, der zeitweilig auch am Starnberger See lebte, war 1902 mit Frau und Chauffeur zur ersten Automobilfahrt in den Süden aufgebrochen. Sein Reisetagebuch hat Bernoulli zu einer "szenisch-musikalischen Spritztour" inspiriert.

"Zu unserem Auftritt in Münsing werden wir in einem alten Mercedes fahren - das ist zwar auch stilvoll, aber natürlich kein Vergleich zu einem fabrikneuen Adler Cabrio, mit dem das Ehepaar Bierbaum im Jahr 1902 unterwegs war. Die Reise führte die beiden damals von Berlin über Prag und München nach Süditalien. Auf der Rückfahrt wagten sie als allererste eine motorisierte Überquerung des Gotthardpasses. Bierbaum liebte die Unabhängigkeit des Autoreisens, auch wenn er die Nachteile klar erkannte: Etwa den viel zu kleinen Kofferraum, in den gerade mal die Hutschachteln seiner Frau passten. Oder die Abhängigkeit vom kleinen Benzinbehälter. Aber eine Badewanne aus Gummi, die musste mit!

Auf Bierbaum und sein Reisetagebuch - das erste literarische Autoreisetagebuch überhaupt - bin ich zufällig gestoßen, als ich in der Monacensia über Frank Wedekind recherchierte. Die beiden waren Zeitgenossen, allerdings war Bierbaum zu Lebzeiten viel populärer als Wedekind. Meiner Ansicht nach ist er zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Er war ein Sprachkreateur, ein Wortmaler. Auch wenn manche seiner Gedichte für unsere Ohren süßlich klingen - viele seiner Texte sind ironisch, witzig. Auch der Spruch, mit dem wir das Programm überschrieben haben, stammt von ihm: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

An der Länge seiner Tagebucheinträge kann man gut verfolgen, wie sich das Klima auf der Reise in den Süden änderte: Je heißer das Wetter, desto kürzer die Texte. Das kennt man ja von sich selbst: Die Erschöpfung, die Lustlosigkeit, sich im Hotel aufzuraffen, um in der Hitze noch mehr Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Genauso amüsant wie solche Parallelen sind die gewaltigen Unterschiede zum heutigen Reisen und die abstrusen Begegnungen, die Bierbaum schildert. Etwa am Gotthardpass: Da wollte ihnen ein strenger Schweizer Polizist die Weiterfahrt verbieten - und das Auto von Pferden abschleppen lassen.

Diesen Polizisten spiele ich - als gebürtige Schweizerin ist das natürlich meine Rolle. Mein Kollege Bruno Hetzendorfer übernimmt in dieser Episode den Part des verdutzten Otto Julius Bierbaum. Hetzendorfer ist auch für das Musikalische zuständig. Schon zu Bierbaums Lebzeiten wurden viele seiner Gedichte vertont. Einige davon haben wir in unser Programm aufgenommen. Der Abend ist konzipiert als literarisch-musikalische Hommage mit Biografischem, Gedichten, Musik und Liedern. Wir sitzen dabei in keinem Mercedes, sondern in einem futuristischen Cabrio mit Navi und Radio - dem idealen Fahrzeug für unsere Zeitreise."

Donnerstag, 21. Januar, 19.30 Uhr, Freiraum, Bachstraße 1a, Münsing, Eintritt 15 Euro, Karten unter Tel. 0176 65 34 18 81 oder 08177 80 94

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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