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Penzberg bleibt frei

Zu "Lob für Vorzeige-Moschee" und ",Unsere Moschee gehört zu Penzberg'" vom 3. Dezember:

Ideologien haben die Eigenschaft, dass alle anderen Überzeugungen bekämpft werden. Toleranz - das ist kein Wort, das politische oder auch religiöse Ideologen gegenüber Andersdenkenden gelten lassen. Vom 2. Mai bis Ende Juni 1933 wurden von den "braunen Machthabern" die deutschen Gewerkschaften - der sozialdemokratisch orientierte Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB), der Deutscher Gewerkschaftsbund wie auch die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine - zerschlagen.

Die Zerschlagung gewerkschaftlicher Verbände hat auch vor der Bergarbeiterstadt Penzberg nicht Halt gemacht. Aber nicht nur Gewerkschafter waren Ziel des "braunen Terrors". Am 9. November 1938 fand gegenüber einer religiösen Minderheit dann ein erstes Fanal ("Reichspogromnacht") statt. Und heute erleben wir wieder, dass religiöse Minderheiten angefeindet und stigmatisiert werden.

Man mag auf ortspolitischer Ebene durchaus unterschiedlicher Meinung etwa über den Standort eines Hotels oder einer Kindertagesstätte sein. Solche Meinungsverschiedenheiten sind gerade in demokratischen Gesellschaften normal und notwendig, denn nur im offenen und transparenten Austausch von Argumenten lassen sich die besten, zukunftsträchtigen Lösungen finden. Und vor anstehenden Wahlen dürfen die Argumente auch durchaus etwas prononcierter sein. Wer sich darüber echauffiert, kann sich nicht politisch engagieren. Wenn es aber um grundlegende Werte wie Religionsfreiheit geht, dann stehen Demokraten zusammen, auch wenn man über den Standort der nächsten Kita unterschiedliche Meinungen hat

Seit seiner Gründung am 13. Oktober 1949 tritt der DGB mit seinen Mitgliedsgewerkschaften für soziale Gerechtigkeit, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten sowie für Mitbestimmung und eine umfassende Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ein. Solidarität ist eine der tragenden Säulen gewerkschaftlichen Engagements. Und deshalb möchte ich mich, der ich bis vor wenigen Wochen dem Gewerkschaftsrat, dem höchsten ehrenamtlichen Gremium von Verdi angehört habe, herzlich bedanken bei den Organisatoren der Gegendemo, also bei Stefan König und den örtlichen Vertretern der politischen Vereinigungen, die mit Transparenten, Fahnen und Redebeiträgen diese Demonstration für Toleranz unterstützt haben. Danke vor allem auch den Penzbergerinnen und Penzbergern, aber auch den Teilnehmern aus benachbarten Gemeinden. Sie haben deutlich gezeigt: Penzberg ist und bleibt bunt und frei.

Erich Sczepanski, Penzberg

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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