Konzertverein Isartal:Schwieriger Stabwechsel

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Der Vorsitzende des Konzertsvereins Isartal wurde erst kürzlich abgewählt, dennoch bietet er seine Hilfe an. Der musikalische Kurs bleibt jedoch unklar.

Ingrid Hügenell

Hans Horsmann wirkt am Telefon ein wenig verunsichert, wenn man ihn fragt, wie es mit dem Konzertverein Isartal weitergeht. Fast so, als habe er großen Respekt vor der Aufgabe, die er seit Freitag hat: Er ist neuer Vorsitzender eines renommierten Vereins, der alljährlich mit einem Laienorchester, namhaften Solisten und Gastensembles eine viel beachtete klassische Konzertreihe veranstaltet, für die um die 300 Abonnements verkauft werden. "Ich muss erst mal sehen, wie ich in die Geschäfte des Vereins reinkomme", sagt Horsmann. Er war bisher zweiter Vorsitzender und Orchesterleiter.

Christoph Adt, Leiter des Philharmonischen Orchesters Isartal. (Foto: WOR)

Seit der Gründung vor 19 Jahren hatte Christoph Kessler den Verein geleitet. Er hat viel gearbeitet, viele Ideen gehabt, die Gastensembles und Solisten gefunden, Vertragsverhandlungen geführt, die Kontakte zu befreundeten Vereinen und zu den Kommunen gepflegt, mit seiner Frau Susanne Programmflugblätter gestaltet, die Abonnements verwaltet, Pressearbeit gemacht. Susanne Kessler, früher Musiklehrerin, hat Einführungsvorträge vor den Konzerten gehalten.

Trotz der überraschenden Abwahl Kesslers am Freitag habe seine Frau und er seinem Nachfolger Horsmann schriftlich ihre Zusammenarbeit angeboten - sozusagen als Dienstleister.

Es nimmt nicht wunder, dass Horsmann sich zu diesem Angebot beinahe begeistert und jedenfalls erleichtert äußert, wenn es denn nicht an Bedingungen geknüpft sei. Bedingungen machten sie nicht, versichern die Kesslers. "Ich klebe nicht am Amt", erklärt Christoph Kessler. Zurück führe für ihn kein Weg. Aber aufgeben können und wollen beide den Verein nicht, auch wenn sie sich derzeit nicht vorstellen können, wieder im Orchester mitzuspielen.

"Zusammenarbeit? Da sag ich ganz spontan ja dazu", sagt Horsmann. "Das hört sich doch gut an." Natürlich, so fügt er hinzu, müsse der Vorstand darüber beraten. Ein erstes Treffen hat es bereits am Montag gegeben. Am Wochenende werde man sich wieder zusammensetzen. Dass Kesslers so viel getan hätten, mache den Übergang jetzt nicht eben einfacher.

Zum Programm, an dem sich der ganze Streit zumindest vordergründig entzündet hatte, will Horsmann gar nichts sagen. Kessler behauptet, der musikalische Leiter Christoph Adt habe vorgeschlagen, ein oder zwei Jahre lang bei jedem Konzert ein Stück von Joseph Haydn zu spielen, weil das das Orchester schule. Kessler fürchtet jedoch, so Abonnenten abzuschrecken. Horsmann sagt allerdings, er wisse nicht, dass es einen konkreten Vorschlag zu Haydn gegeben habe. Für den Vorsitzenden des Fördervereins, Wolfgang Lackner, ist vor allem eins klar: "Die Programme müssen so abgestimmt sein, dass wir viele Karten verkaufen." Es müsse "einen Kompromiss geben zwischen dem, was wir für schöne Musik halten, und dem, was das Publikum für schöne Musik hält."

Adt will sich vorerst nicht konkret zum Programm äußern. "Ich glaube, dass wir neue Wege finden", sagt er. Er wolle auch weniger bekannte und moderne Stücke spielen. So könne man mit Beethoven beginnen und nach der Pause eine Symphonie von Carl Loewe bringen, "und das Publikum könnte sich auch über den Loewe freuen." Wegen ihrer "signifikanten Orchestersprache" seien Werke aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Haydn, Beethoven oder Mozart wie geschaffen für Laienorchester. Immer aber gebe es ein Spannungsverhältnis zwischen einem Programm für das Publikum und dem, das für das Orchester spielbar sei. "Da habe ich auch Verantwortung für das Orchester."

Adt habe nicht akzeptiert, dass Kessler das letzte Wort über die Programmgestaltung haben wollte, und umgekehrt, sagt Lackner."Horsmann will es machen, wie Adt das will, und die Mitglieder seines Stabs sind damit auch einverstanden." In der Vereinssatzung ist aber festgelegt, dass der Geschäftsführende Vorstand das Programm verantwortet. "Das steht drin, aber es kommt drauf an, wie man das lebt", sagt Horsmann.

Für Kessler war die Regel bindend, auch weil der Vorstand mit seinem Privatvermögen für die Konzertreihe haftet. Die Jubiläumsabo-Reihe 2011 etwa koste eine gut sechsstellige Summe - ein Betrag, der erst einmal wo her kommen müsse, weiß Kessler. Früher sei die Stadt eingesprungen, wenn etwas schief gegangen sei. Das tut sie inzwischen nicht mehr.

© SZ vom 24.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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