Kommentar zur Geburtshilfe:Placebos für die Wunderheilung

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Die Politik verabreicht den Bürgern Mittel ohne Wirkung gegen den Schmerz über das Ende einer Ära in Bad Tölz

Von David Costanzo

Nun wird das Ende der Geburtshilfe in Bad Tölz auch noch zur Farce. Der Kreistag stellt seinem Beschluss voran, dass der Asklepios-Konzern doch bitte schön seine Verpflichtungen einzuhalten habe - Erbbaurechtsvertrag umsetzen, Krankenhausplan beachten, Kreißsaal öffnen. Das soll damit wohl zumindest gemeint sein, genauer werden die Ausführungen nämlich nicht. Der Kreistag ist also offenbar der Meinung, dass der Gesundheitskonzern die Geburtshilfe gar nicht hätte schließen dürfen. Warum fällt den Politikern das eigentlich erst auf den letzten Drücker ein? Warum geht der Kreis dann nicht dagegen vor? Wenn man sich selbst im Recht sieht - und noch dazu in so einer gravierenden Angelegenheit-, dann kann man nicht nur klagen, dann muss man es sogar. Doch es geschieht das gleiche wie nach dem Appell des Arztes, doch bitte mit dem Rauchen aufzuhören: nichts.

Der Passus ist nichts anderes als ein Placebo, das die Politik den Bürgern verabreichen will - ein Mittel ohne Wirkstoff gegen den Schmerz über das Ende einer Ära in Bad Tölz. Gleichzeitig soll das Scheinmedikament wohl Versäumnisse bei der Privatisierung der Stadtklinik im Jahr 2001 verschleiern. Man hat seinerzeit offenbar nur den Rahmen festgeschrieben, nicht aber Abteilungen, die Asklepios bereitzustellen hat, sonst wäre eine Geburtshilfe einklagbar. Sonst wäre die nutzlose Pille eine rettende Medizin.

Noch ein Placebo verabreichen die Kreisräte insbesondere den Tölzern: In der Kurstadt soll irgendwann nicht nur einmal eine Außenstelle der Kreisklinik, sondern gleich eine ganze Geburtshilfe entstehen. So haben sie den Beschluss in letzter Sekunde aufgewertet. Dabei hat der Kreis noch gar kein Konzept für Wolfratshausen in der Schublade. Man kann noch nicht einmal von Gesprächen mit der Klinik berichten, die für eine Zusammenarbeit am nächsten liegt, nämlich Starnberg, geschweige denn wurde auch nur ein einziger Arzt eingestellt.

Am Anfang jeder Therapie steht eine klare Diagnose. Und die muss lauten: Geburten sind auf absehbare Zeit nur in Wolfratshausen möglich, dort muss viel investiert werden. Aber das verschweigen die Verantwortlichen - und lassen vor allem die Tölzer auf eine Wunderheilung hoffen.

© SZ vom 25.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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