Kommentar zum Tölzer Verkehrskonzept:Leider fehlt's am Interesse

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Eine Sondersitzung hätte die Relevanz gezeigt

Von Klaus Schieder

Ein lokaljournalistisches Credo besagt, dass kaum ein Thema die Gemüter der Menschen dermaßen erregt wie der Straßenverkehr. Schließlich hat jeder mit ihm tagtäglich zu tun, sobald er sein Haus verlässt - ob er ins Auto steigt, sich aufs Rad schwingt oder zu Fuß geht. In Bad Tölz scheint diese Überzeugung ein Irrglaube zu sein.

2014 hatten Bürger die Gelegenheit, sich in vier Workshops darüber Gedanken zu machen, wie der Verkehr besser geregelt werden kann. 20 bis 30 beteiligten sich an dieser Arbeit - ziemlich wenig für eine Stadt mit gut 18 000 Einwohnern. Als der fertige Verkehrsentwicklungsplan präsentiert wurde, kamen 27 Leute - bestehend aus jenen, die mitgewirkt hatten, und ein paar Stadträten. Als die Tölzer Grünen das Werk jetzt nochmals im Detail vorstellten, kamen 22 Zuhörer - bestehend aus jenen, die mitgewirkt hatten, und ein paar Stadträten. Eine desillusionierende Bilanz.

Noch ernüchternder ist jedoch, wie zögerlich die Stadt selbst den Verkehrsplan bisher angeht - obwohl sie dafür 150 000 Euro bezahlt hat und nun finanzielle Mittel im Haushalt reserviert. 14 Monate hat es gedauert, bis das Konzept überhaupt den Weg in den Stadtrat fand. Dort wurde es dann, wie der Grünen-Stadtrat Mayer-Schwendner mit Recht moniert, oberflächlich und in Kurzfassung behandelt. Es mag schon sein, dass manche der 53 Empfehlungen kleine und kleinste Schraubendrehungen am Verkehrsgetriebe in Tölz beinhalten. Es mag auch zutreffen, dass eine Debatte im Stadtrat über das Gesamtwerk, wie Janker befürchtete, viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Aber wer sich die Bürgerbeteiligung erst in leuchtenden Farben auf die Fahnen schreibt, der sollte aus den Ideen all derer, die ihre Freizeit für Workshops opferten, nicht bloß sechs Vorschläge herausklauben und übers Jahr unter Tagesordnungspunkt soundso abhandeln lassen.

Eine Sondersitzung des Stadtrats hätte gezeigt, dass der Verkehrsplan für die Kurstadt von Rang ist. Den Wenigen, die ihn ausgetüftelt haben. Den Vielen, die sich nicht interessieren. Bis 2030 muss Bad Tölz schließlich selbst beim angepeilten Bevölkerungswachstum von nur einem Prozent pro Jahr mit erheblich mehr Verkehr rechnen. Das ist nun kein Credo, sondern leicht auszurechnen.

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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