Kommentar:Unfassbar notwendig

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Die Tafeln leisten eine großartige Arbeit - gut, dass es sie gibt. Sie sind in einem der reichsten Länder der Welt notwendig - unfassbar, dass das so ist.

Von Felicitas Amler

Gut gebrüllt, Löwe: Bürgermeister Michael Müller hat bei der Jubiläumsfeier der Tafel in Geretsried ein beklemmendes Dilemma öffentlich und nachdrücklich angesprochen. Die Tafeln leisten eine großartige Arbeit - gut also, dass es sie gibt. Die Tafeln sind in einem der reichsten Länder der Welt notwendig - unfassbar, dass das so ist. Müller, der auch in anderen Fragen keine stromlinienförmige Übereinstimmung mit seiner Partei, der CSU, zeigt, hat eine wichtige Botschaft verkündet. Man kann nur hoffen, dass er auch jede andere Gelegenheit nutzt, um sie zu verbreiten.

Der Geretsrieder Bürgermeister ist einer der wenigen Politiker, die partout etwas erreichen, etwas verändern, verbessern möchten. Das zeichnet seine Arbeit in seiner Stadt aus, die er städtebaulich, aber auch sozial und kulturell entwickeln möchte. Parteipolitisch hat er bisher nicht so erkennbar gewirkt. Dabei hätte gerade einer wie er die Chance, sich Gehör zu verschaffen. Denn seine Leute halten große Stücke auf ihn, sind stolz auf ihn.

Nur wenn Politiker wie Müller ihre Ansprüche an soziale Gerechtigkeit in ihren eigenen Gremien geltend machen, kann das ernsthaft angestrebt werden, was der Geretsrieder Bürgermeister bei der Tafel eingefordert hat: Eine gerechte Umverteilung von den Superreichen zu den Bitterarmen. Milliarden flössen aus Deutschland ins Ausland, hat Müller betont, während gleichzeitig hier Menschen im Schatten stünden. Man kann das nur unterstreichen - wenn man nicht noch die Milliarden dazu erwähnen will, die in die Rüstung gepumpt werden. Aber ändern wird sich das nicht, wenn die Stimmen an der Basis es nicht lauter als bisher verlangen.

Die Tafel-Vorsitzende Ingrid Geiger hat auf die Frage, was sie zu Müllers Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit sagt, erwidert: "Das wäre der Optimalfall." Der sei aber leider noch nicht eingetreten: "Deswegen kann ich mich auch nicht zurücklehnen." Genau das aber tut die Politik, solange Ehrenamtliche ihr den sozialen Ausgleich abnehmen. Ein Dilemma, das nur von einer Seite gelöst werden kann.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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