Kommentar:Unverzichtbarer Minimalkonsens

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Man darf den jetzt erzielten Kompromiss nicht gleich wieder schlechtreden, muss sich aber wundern, warum so viel Geheimdiplomatie und ein so quälend langer Entscheidungsprozess nötig waren, um das durchzusetzen

Von Wolfgang Schäl

Ist der jetzt erzielte Kompromiss über die vier problematischen Innenstadt-Immobilien ein Grund, in Freudentaumel auszubrechen? Ist der gordische Knoten, der die Zentrumsdebatte so fest zugeschnürt hat, endlich durchschlagen? Man darf den jetzt erzielten Kompromiss nicht gleich wieder schlechtreden, wundert sich allerdings, warum so viel Geheimdiplomatie und ein so quälend langer Entscheidungsprozess nötig waren, um diesen Minimalkonsens durchzusetzen. Auch muss die Frage erlaubt sein, ob die plötzliche Einigkeit der Rathausfraktionen nicht auch der Initiative der beiden Wolfratshauser Gewerbeverbände geschuldet ist, die mit weit über tausend Unterschriften die Furcht der Bürger vor einer Verödung der Altstadt eindrucksvoll dokumentiert haben.

Genau besehen verdient nur ein Bestandteil des Beschlusspakets die Bezeichnung Durchbruch: Der Verzicht auf die absurde Idee, das Heimatmuseum ins Pumpenhäuschen zu quetschen und es damit de facto bedeutungslos zu machen - man hätte es dann auch gleich ganz zusperren können. Diese unsinnige Überlegung ist zum Glück vom Tisch, und deshalb allein schon ist das jetzige Beschlusspaket mehr als begrüßenswert. Es ist aber auch aus einem zweiten Grund heraus unverzichtbar: Die Immobilie Untermarkt 10 ist ein historisches Herzstück der Marktstraße und aus denkmalpflegerischer Sicht gar nicht hoch genug einzuschätzen. Es einem privaten Investor zu überlassen, würde es wirtschaftlichen Interessen preisgeben, und man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was in einem solchen Fall schnell mal passiert - es wäre nicht das erste entkernte alte Gebäude. So behält die Stadt die Gestaltungshoheit und kann das Anwesen und gleichzeitig das Museum aufwerten. Das wird nicht billig. Umso mutiger ist es, wenn die Stadt vor den Sanierungskosten jetzt nicht noch ein zweites Mal zurückschreckt.

Was die übrigen drei Anwesen betrifft, sind die Beschlüsse nicht unbedingt wegweisend. Dass der Boodevaar-Turm für die Belange des Stadtmanagers umgebaut wird, war ohnehin Sachstand, für die Nutzung der Happ'sche Apotheke, die lobenswerterweise ebenfalls saniert werden soll, hat man nach wie vor keine rechte Idee, und das Pumpenhäuschen bleibt so wie es ist - bis das westliche Loisachufer irgendwann umgestaltet wird. Die Pläne dafür aber verstauben seit Jahr und Tag in der Schublade.

© SZ vom 22.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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