Kommentar:Und sie bewegt sich doch

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Die Geretsrieder SPD hat sich zu neuem programmatischen Schwung aufgerafft

Von Felicitas Amler

Man kann die Geretsrieder SPD getrost beim Wort nehmen: "Uns bewegt, was euch bewegt", diesen Slogan hat die Partei bei der Vorstellung ihres Bürgermeisterkandidaten und ihres Programms ausgegeben. Und genau so ist es wohl gewesen: Bei der SPD ist deswegen etwas in Bewegung gekommen, weil andere - Grüne und FDP - sich gerührt haben. Bevor diese beiden Parteien Bürgermeisterkandidaten präsentierten, hatte es aus den Reihen der Sozis ziemlich kleinlaut getönt. Man habe halt niemanden, und bei der Lage der Sozialdemokratie, ob man da überhaupt noch so viele Sitze erringen könne ...

Nun aber ist etwas in Gang gekommen. Hörbar, sichtbar und spürbar. Bürgermeisterkandidat Wolfgang Werner spricht energisch davon, dass er das Amt haben will. Das Programm zeigt ein Spektrum an ur-sozialdemokratischen Forderungen, von der sozialgerechten Bodennutzung bis zu kostenlosen Kitas. Und das Klima auf der Nominierungsversammlung war von Entschlossenheit geprägt. Viel diskutiert wurde zwar nicht, aber ein neues, stärkeres Selbstbewusstsein schien doch aufzukommen, als das in die Breite und in die Tiefe gehende Programm verabschiedet wurde.

Höchste Zeit. Denn in den vergangenen sechs Jahren hat sich die SPD keineswegs als souveräne Antreiberin der Stadtentwicklung erwiesen. Genauso wie Grüne und Freie Wähler standen die Sozialdemokraten allzu oft im Bann all dessen, was Bürgermeister Michael Müller mit seiner CSU im Rücken anstieß. Da mögen Werner und Co. noch so sehr betonen, sie hätten in dieser Amtszeit "viele Erfolge" erreicht, und den Eindruck erwecken, sie seien unablässig mit Anträgen hervorgetreten. Ein eigenständiges Programm, das auf soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und kulturelle Entfaltung abzielte, wurde nicht verfolgt. Anträge wie jene auf sozialgerechte Bodennutzung oder einen kostenlosen Stadtbus waren unzureichend ausgearbeitet, so dass die CSU sie leicht zur Seite schieben konnte. Selbst die zuvor jahrelang vergeblich verfolgte Erhöhung der Gewerbesteuer peilte die SPD erst wieder an, als die CSU dazu bereit war. Noch 2015, als die Freien Wähler bei den Haushaltsberatungen monierten, die SPD fordere die Steuererhöhung nicht mehr, rief ihnen SPD-Sprecher Hans Hopfner zu: "Dann stellt's halt einen Antrag!"

Mit solchem Kleinmut scheint es nun vorbei zu sein. Vermutlich nicht zuletzt, weil mit dem ehemaligen Juso Michael Lasidis neuer Drive in die Geretsrieder SPD gekommen ist. Er ist auch der grundlegende Autor des neuen Programms. Für die künftige Stadtratsarbeit kann man sich nur wünschen, dass sein Schwung bewegend bleibt.

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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