Kommentar:Stark auf Kosten von Schwächeren

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Von der CSU-Basis hat Horst Seehofer keine kritischen Fragen zu befürchten

Von Felicitas Amler

So banal ist es: "Die CSU hat ein starkes Zeichen gesetzt." Martin Bachhuber spricht es ganz ungeniert aus. Sein großer Vorsitzender hat die Kraftprobe mit der Kanzlerin bestanden, und damit kann nun auch er, der bayerische Landtagsabgeordnete aus Bad Heilbrunn, an der Basis renommieren gehen. Weil die CSU-Wähler das schätzen, wenn einer auf den Tisch haut. Worum es dabei ging? Um Asyl, um Flüchtlinge, um Fragen des gemeinsamen Europa, gar um Menschen, die unter Not und Verfolgung leiden, jedenfalls nicht. Eine bittere Enttäuschung für all jene, die vor drei Jahren den Eindruck gewonnen hatten, in diesem Landkreis herrsche ein anderes Klima. Eines der Menschlichkeit.

Ausgerechnet in jenem Jahr 2015, in dem mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kamen, wogte eine beeindruckende Welle an Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Solidarität durch den Landkreis. Von Icking bis Lenggries gingen Menschen mit offenen Armen auf Flüchtlinge zu, packten mit an und signalisierten, dass der oft zitierte Satz Angela Merkels Wirklichkeit werden konnte: "Wir schaffen das!" Und nun, da von Januar bis Mai gerade mal 78 000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt haben, da also von einer Flüchtlingskrise nicht im Entferntesten die Rede sein kann, da werden Phrasen gedroschen von "Recht und Ordnung", die es an deutschen Grenzen herzustellen gelte. Fragt da an den CSU-Stammtischen eigentlich nie einer nach, was das bedeuten soll? An welchen Grenzen denn bitte Chaos herrsche?

Nein, sie fragen nicht nach, jedenfalls nicht kritisch, das zeigen die meisten Antworten von CSU-Repräsentanten dieses Landkreises zum Seehofer-Muskelspiel in Sachen Asyl. Denn so banal ist auch dies: Politik wird bei der CSU offenbar nicht, wie es im Lehrbuch der Demokratie steht, von unten nach oben gemacht. Die unten an der Basis kontrollieren nicht, sondern applaudieren. Wenn's sein muss, gern auch mal auf Kosten von Weltoffenheit und Humanität.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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