Kommentar:Spiel mir das Lied vom Nulltarif

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Beim Thema Stadtbusse kommt es im Geretsrieder Stadtrat zum Showdown

Von Felicitas Amler

Anträge einzelner Fraktionen sind im Geretsrieder Stadtrat selten. Meist werden Entscheidungen über jene Themen getroffen, die im übertragenen Sinn ohnedies auf der Tagesordnung stehen. Und - darauf sind Lokalpolitiker ja oft stolz - die meisten Fragen werden einvernehmlich behandelt und dann auch einstimmig beschlossen. Wenn schon einmal ein Gegenstand kontrovers diskutiert wird, scheint mancher geradezu erschrocken zu sein. Als lebte die Demokratie nicht gerade von Meinungsverschiedenheit, Wortwechsel und Auseinandersetzung.

Die SPD hat mit ihrem Antrag auf den Nulltarif für den Geretsrieder Stadtbus eine beachtliche Initiative gezeigt. Nur hat sie es an differenzierter Betrachtung und Ausarbeitung fehlen lassen. Keinerlei inhaltliche Begründung, kein Vorbildbeispiel aus anderen Städten, ja nicht einmal die Frage von Zuständigkeiten war geklärt; lapidar sagte Fraktionssprecher Wolfgang Werner, da müsse man sich noch erkundigen. Wer "eine Vorreiterrolle" beansprucht, wie Werner es tat, sollte die Pferde besser gesattelt haben.

So kam der Bürgermeister - der freilich im Rathaus auch über einen ganz anderen Apparat verfügt - der SPD zuvor, sprach ausführlich über Pro und Kontra, gab volkswirtschaftliche Aspekte zu bedenken und verwies auf Erfahrungen andernorts. Klar: Müller beanspruchte auf diese Weise das Urheberrecht für die Diskussion über einen Gratis-Stadtbus. Er ist es nach vier Jahren Amtszeit schon sehr gewohnt, der Anführer jeglicher Innovation zu sein. Das mag man kritisch sehen. Aber ein "Showdown", den Werner da eröffnet wähnte? Du liebe Güte, was für ein Szenario angesichts einer minimalen Kontroverse! Spiel mir das Lied vom Nulltarif?

Die SPD hätte sich von allein wohl nicht aus dieser Konfrontation gelöst. Es ist dem völlig unverkrampften Auftritt Robert Lugs zu verdanken, dass es nicht zum finalen Duell kam. Seine offenen, kompromissbereiten und entspannten Worte brachten die Mehrheit zusammen. Man kann in den Sonnenuntergang reiten.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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