Kommentar:Schwer ist leicht was

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Die Richtlinie zur Förderung von Lastenfahrrädern wurde in Geretsried derartig unter die Lupe genommen, dass jedes Pünktchen darin wie ein gigantisches Hindernis wirkte...

Von Felicitas Amler

Am Ende hätte nur noch ein Paragraf gefehlt: dass man mit einem von der Stadt Geretsried geförderten Lastenfahrrad immer hübsch im eigenen Burgfrieden herumkurven muss und um Himmels willen nicht nach Wolfratshausen zum Einkaufen fahren darf. Andernfalls würde der Zuschuss zurückgefordert. Satire? Die Diskussion im Hauptausschuss des Geretsrieder Stadtrats am Dienstagabend wirkte jedenfalls stellenweise wie eine Posse.

Die Richtlinie zur Förderung von Lastenfahrrädern wurde derartig unter die Lupe genommen, dass jedes Pünktchen darin wie ein gigantisches Hindernis wirkte. Und dann wurde die ohnehin schon detaillierte Vorlage hier noch ein bisschen infrage gestellt, dort um noch engere Vorgaben und höhere Hindernisse ergänzt. Und schließlich wurde konstatiert, all das sei von der Stadtverwaltung womöglich gar nicht ohne zusätzliches Personal zu leisten und zu kontrollieren. Ein Schelm, wer da den Eindruck gewann, es gehe nicht darum, ökologisch sinnvollen Lastenfahrrädern den Weg zu ebnen - sondern eine Lastenfahrradanschaffungsbehinderungsrichtlinie zu entwerfen.

Immer wenn irgendwo kleine oder große Katastrophen geschehen, überschlagen sich Lokalpolitiker darin, "unbürokratische Hilfe" zu versprechen. Es gibt sie demnach, die unbürokratische Hilfe. Und eine Katastrophe liegt der Initiative für mehr Lastenfahrräder auf jeden Fall zugrunde: die Klimakatastrophe. Sie allein ist der Grund, warum landauf, landab Ideen wie diese geboren werden. Natürlich lässt sich das Weltklima nicht mit zwei oder drei Dutzend Lastenfahrrädern in Geretsried retten. Aber ein kleines Mosaiksteinchen wäre die öffentliche Förderung allemal. Und ein ordentlicher Beitrag dazu, das öffentliche Bewusstsein zu schärfen, dass etwas geschehen muss. Bei anderer Gelegenheit wird für derlei gute Beispiele ordentlich Tamtam gemacht. Etwa wenn ein Bürgermeister ein E-Auto anschafft. Das ist immer eine Pressemitteilung und einen Fototermin wert. Um wie viel mehr könnte es in die Bevölkerung ausstrahlen, wenn Geretsried ökologische Mobilität für jedermann fördern würde. So wie es viele andere Kommunen bereits tun. Dies zu erschweren - wie besonders die CSU es gerade versucht - ist leicht. Gute Politik macht es sich ein wenig schwerer.

© SZ vom 12.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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