Kommentar:Millionen versenkt

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Dabei hätte es so schön sein sollen: eine Energieform ohne Kohlendioxidausstoß und darum klimaneutral, unabhängig von Wind und Wetter dauerhaft anzapfbar, denn ihr Potenzial gilt als nahezu unbegrenzt

Von Claudia Koestler

Es ist weit mehr als ein Schlag ins Kontor. Es ist ein Erdbeben, das da mit betont nüchternen Zeilen durch Enex verkündet wurde: "Geothermiebohrung Geretsried Nord mit ungenügender Fündigkeit". Anders gesagt: Unter Hofgut Breitenbach lässt sich partout nicht ausreichend Heißwasser finden. Allen Untersuchungen und allen Expertenmeinungen zum Trotz - und das ist das eigentlich Erschütternde.

Dabei hätte es so schön sein sollen: eine Energieform ohne Kohlendioxidausstoß und darum klimaneutral, unabhängig von Wind und Wetter dauerhaft anzapfbar, denn ihr Potenzial gilt als nahezu unbegrenzt. Doch nun offenbaren sich auch hier Schattenseiten: Es ist eben nicht einfach mal gebohrt, geschaut und dann weitergezogen wie bei der Suche mit einer Wünschelrute. In diesem großtechnischen Bereich geht der Schaden in zweistellige, manchmal auch dreistellige Millionenbereiche. Enex muss sich der Frage stellen, ob der erste Fehlversuch tatsächlich ausreichend analysiert wurde, und ob die Millionen für den zweiten Versuch wirklich das Risiko wert waren. Denn dass sich die Gesteinszusammensetzung der Geltinger Bohrkerne deutlich unterscheidet zu denen erfolgreicher Bohrungen in Süddeutschland, dürfte schließlich auch schon 2013 aufgefallen sein.

Durch den Misserfolg besteht nun Gefahr, dass alle weiteren Projekte auf Skepsis, wenn nicht gar auf Ablehnung der Bürger und Investoren stoßen. Daher gilt genau zu prüfen, ob sich die Region dennoch eignet, oder ob damit Geld, wertvolle Zeit und Ressourcen auf der Suche nach Alternativen verschwendet werden. Solche Analysen dürfen keinen Wünschen und Hoffnungen folgen, sondern müssen sich der Realität stellen. Wenn das fehlende Heißwasser nämlich keine außergewöhnliche Sonderbedingung der Geltinger Tiefe ist, sind die ehrgeizigen Ziele der Energiewende im Oberland gleich mit gescheitert.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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