Kommentar:Kunst braucht Kenner

Wolfratshausen sollte sich einmal grundsätzlich mit der Frage von Kunstförderung auseinandersetzen.

Von Felicitas Amler

Nur gut, dass in Wolfratshausen kaum einmal etwas schnell entschieden wird. So hat die Kunst wenigstens noch eine Chance. Denn um Kunst, wohlgemerkt, sollte es ja doch gehen, falls die Stadt tatsächlich eine Wand im Innenhof vor dem Rathaus gestalten lässt. Um zeitgenössische Kunst. Und nicht um ein derartig rückwärtsgewandtes Stück Kitsch, wie es da am Donnerstagabend versuchsweise an die Wand projiziert wurde. Dergleichen Flößer-Romantizismus mag sich zu Hause an die Wohnzimmerwand hängen, wer möchte. Die öffentliche Hand hat eine andere Aufgabe. In Wolfratshausen allemal. Denn hier gibt es eine Menge nachzuholen an Förderung moderner Kunst.

Zeitgenössische Künstler finden in dieser Stadt keinen einzigen öffentlichen Standort, der ihnen angemessenen Raum für seriös gestaltete Ausstellungen böte. Künstler, die in Wolfratshausen leben, müssen sich immer mit Provisorien begnügen; müssen fantasiereich Ladenleerstände und Ähnliches nutzen - oder sich gleich andernorts nach Möglichkeiten anspruchsvoller Präsentation umsehen. Von qualifizierten Ankäufen durch die Kommune kann bei alldem ohnehin nicht die Rede sein.

Bevor die Stadt also ihren Bestand an Flößerverklärung weiter vergrößert - man denke an die ebenfalls aus der Zeit gefallene Bronzefigurine am andern Loisachufer -, wäre es nötig, dass die Lokalpolitik sich einmal grundsätzlich mit der Frage von Kunstförderung auseinandersetzte. Und zwar genauso ernsthaft, wie sie sich mit Straßenbau oder Umweltschutz befasst. Nach Maßstäben und Kriterien. Die gibt es auch in Kunst und Kultur. Man muss die Sache nur ernst genug nehmen, um einmal Fachleute zu Rate ziehen. Nach der Devise "Ist ja eh alles Geschmackssache" kann sich Kunst jedenfalls nicht entwickeln.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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