Kommentar:Inhalte statt Gepolter

Lesezeit: 1 min

Nachdem die Sekretärin des Bürgermeisters Geld aus der Stadtkasse unterschlagen hat, betreibt die CSU Wolfratshausen Wahlkampf in schlechtem Stil

Von Konstantin Kaip

Der Betrugsfall im Wolfratshauser Rathaus erschüttert die Stadt: Die langjährige Sekretärin des Bürgermeisters hat Geld aus der Stadtkasse unterschlagen, um ihren Liebhaber zu finanzieren. Sie hat nicht nur das Vertrauen des Bürgermeisters ausgenutzt, ihre Karriere und ihre Familie zerstört, sondern auch ein schlechtes Licht auf die Verwaltung im Rathaus geworfen. Schließlich hat es lange gedauert, bis die Vorgänge bekannt wurden, und zudem ist der Verbleib von mehr als 9000 Euro immer noch nicht geklärt.

Auch wenn es sich um einen tragischen Einzelfall handelt und sich wohl keine Behörde hundertprozentig gegen Mitarbeiter mit derlei krimineller Energie schützen kann: Vom Bürgermeister und seiner Verwaltung darf man nach dem Urteil eine transparente, lückenlose Aufklärung der Vorfälle fordern. Hätte die CSU das so sachlich formuliert, wäre das legitim gewesen. Hat sie aber nicht.

Der Ortsverband hat stattdessen nur einen Tag nach dem Urteil eiligst eine Presseerklärung veröffentlicht, die den Fall als Beleg für eine "Stadtverwaltung ohne Kontrolle und Führung" hochstilisiert und dem Bürgermeister seinen Rücktritt nahelegt. Der Satz, dass man ihn dazu nicht auffordere, steht zwischen der Behauptung, dass ein Behördenleiter bei einer "derartigen Anhäufung von Missständen (...) seinen Hut nehmen" müsse, und der Forderung, Heilinglechner solle "von sich aus seine Schlüsse" ziehen und "die richtige Konsequenz folgen" lassen - und relativiert sich damit. Das ist nicht einfach nur unglücklich formuliert. Das ist Wahlkampf in schlechtem Stil. Dass sich die CSU-Stadträte nun von den Rücktrittsforderungen distanzieren und beteuern, für den Zeitpunkt nichts zu können, ändert daran nichts.

Die Frage ist, warum die Wolfratshauser CSU das nötig hat. Auch in den eigenen Reihen hat sie die parteifreien Stadträte gerade geschasst, ohne auch nur das Gespräch mit ihnen zu suchen. Das alles spricht wenig für Selbstbewusstsein angesichts der Kommunalwahl. Eher wirkt es wie ein angstgesteuerter Wahlkampf, in dem jedes Mittel recht scheint. Am Donnerstag will die Partei ihr Wahlprogramm vorstellen. Sie sollte die Gelegenheit nutzen, mit eigenen Themen einen sachlichen Wahlkampf einzuleiten.

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: