Kommentar:Ein Trick, der Hoffnung macht

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Es ist zu hoffen, dass in Wolfratshausen die Straßen entlastet werden. Für eine flächendeckende Verlagerung vom Individual- auf den öffentlichen Nahverkehr aber reicht das bestehende Verbundsystem wohl nicht aus...

Von Konstantin Kaip

Wenn mehr Leute mit dem Bus fahren, anstatt ins eigene Auto zu steigen, nützt das nicht nur der Umwelt, sondern auch der Aufenthaltsqualität in den Kommunen. Schließlich gibt es dann auf den Straßen weniger Staus. Das haben inzwischen alle kapiert, deshalb macht sich längst jede Partei für einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs stark. Wo andernorts allerdings nur kleine Stellschräubchen gedreht werden, geht Wolfratshausen nun einen Schritt weiter: Der Stadtbus soll für Schüler und Senioren kostenfrei werden. Das könnte ihn zu einer Alternative machen, die Straßen und Umwelt spürbar entlastet. Wer schon ein Ticket hat, ist schließlich eher bereit, den Bus zu nutzen, als jene, die dafür noch extra zahlen müssen.

Die Regelung funktioniert aber nur mit einem Trick: Die Stadt muss die Tickets für die Personengruppen selbst erwerben, um die Kosten dann verzögert mit der Jahresrechnung wieder einzuspielen. Denn bei kostenlosen Bussen spielt der Tarifverbund nicht mit. "Es wird kein Null-Euro-Ticket beim MVV geben", sagt die Pressesprecherin Franziska Hartmann unter Berufung auf die Gesellschafter auf Anfrage. Die sehr aktive Arbeitsgruppe Stadtbus, die sich seit Jahren bemüht, den Nahverkehr in Wolfratshausen attraktiver zu machen, weiß das genauso wie die Stadt Geretsried, die sich mit ihren Plänen zum kostenlosen Stadtbus die Zähne ausgebissen hat.

Es ist zu hoffen, dass der Trick in Wolfratshausen die Straßen entlastet. Für eine flächendeckende deutliche Verlagerung vom Individual- auf den öffentlichen Nahverkehr aber reicht das bestehende Verbundsystem wohl nicht aus. Vor allem für Autobesitzer, die neben Benzin auch Steuern und Versicherung zahlen müssen, ist der MVV als Zusatzoption schlicht zu teuer. Würde man ihn über eine ÖPNV-Steuer kostenfrei machen, müsste jeder Bürger ihn bezahlen, ähnlich wie beim öffentlichen Rundfunk. Dann würden sicher mehr Leute ihr Auto auch mal stehen lassen. Um das zu rechtfertigen aber müsste der öffentliche Nahverkehr in Takt und Anbindung eine echte Alternative sein. Und davon ist man im Landkreis noch Lichtjahre entfernt.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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