Kommentar:Der Kasperl lässt grüßen

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Tempo 30 in Penzberg

Von Alexandra Vecchiato

Eines könnte man jenen Penzberger Stadträten bescheinigen, die am Dienstag die Einführung von Tempo 30 an mehreren Ortsstraßen abgelehnt haben. Sie haben Schneid. In Wahlkampfzeiten werden solche Entscheidungen, die bei einer nicht geringen Anzahl an Bürgern höchst unpopulär ist, üblicherweise nicht getroffen. Doch nur auf den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung hat Schneid wenig damit zu tun. Im Gegenteil: Die unzähligen Debatten um Tempo 30 sind ein Kasperltheater. Das Nein zur Geschwindigkeitsbeschränkung ist schlichtweg feige.

Noch zu Zeiten von Altbürgermeister Hans Mummert gab es Versuche, die Anwohner an der Wölflstraße vor der Belastung durch Schwerlastverkehr zu schützen. Die Tempo-40-Schilder wurden wieder abmontiert aus Sorge vor dem negativen Ausgang eines Rechtsstreits. Mehrere Expertisen folgten. Zuletzt hatte das Ingenieurbüro Ingevost aus Planegg eine Verkehrsdatenerhebung an der Bichler Straße sowie an der Wölflstraße/Wölfl vorgenommen. Auf dieser Grundlage kam ein weiteres Fachbüro zum Ergebnis, dass die Stadt gar Tempo 30 einführen solle, weil an einigen Gebäuden die vom Umweltamt empfohlenen Schwellenwerte zur Vermeidung gesundheitlicher Beeinträchtigungen überschritten würden. Wer sich auf den Homepages von WHO, Bundesumweltministerium oder anderen Organisationen umschaut, der findet Ergebnisse diverser Studien, die eindeutig belegen, dass Straßenverkehrslärm zu den größten Verursachern gesundheitlicher Schäden zählt. Aber was schert das schon die Penzberger Kommunalpolitik.

Doch nicht genug des Kasperltheaters: Es gibt zwei mehrheitlich gefasste Beschlüsse des Stadtrats, Tempo 30 einzuführen, aus dem Jahr 2017 und 2018. Die Regierung von Oberbayern hat der Stadt schriftlich mitgeteilt, dass sie einen Ermessensspielraum habe, Tempo 30 anzuordnen. Aber dazu bräuchte es eben Schneid.

Stattdessen soll nun wieder geprüft werden und wieder und wieder. "Weiche Maßnahmen" sollen es richten. Man braucht nur mal nach Preisen für sogenannten Flüsterasphalt zu googeln . . . der kommt die Stadt sicherlich teurer als ein paar neue Tempo-30-Schilder.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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