Kommentar:Das Privileg auch nutzen

Vielleicht sollten Versammlungen, in der Kreativität und Impulse fruchtbar werden sollen, künftig nicht in Prüfungsphasen veranstaltet werden

Von Thomas Kubina

Viel zu oft klagen Eltern, dass Kinder und Jugendliche in der Öffentlichkeit zu wenig Raum für ihre Meinungen bekommen, besonders bei Themen, die ihre Lebenswelten betreffen: Freizeitangebote, altersansprechende Ausgehmöglichkeiten oder Jugendtreffs. Die Liste könnte nahtlos fortgeführt werden, doch es bleibt die Frage, ob die Sprösslinge denselben Eifer wie ihre Eltern haben oder sich eigentlich lieber der Verantwortung entziehen wollen.

Genau diese oft beklagte Chance bot nämlich die Jungbürgerversammlung in Penzberg, auf der die Kinder und Jugendlichen auf zwanglose Weise ihren Unmut über all jene Themen äußern konnten, die ihnen am Herzen liegen. Und es ging um die zukünftige Gestaltung der Stadt. Nur war der Ansturm in diesem Jahr vergleichsweise gering. Ist die heutige Jugend nicht mehr interessiert an den Themen ihrer Umgebung? Oder sind sie zu faul, ihre Ideen einzubringen? Es ging ja schließlich noch nicht um die Umsetzung, sondern nur um die Theorie.

Ein Grund für die maue Beteiligung könnte der Tag gewesen sein: Es war jener, an dem 128 Abiturienten am Gymnasium Penzberg mit dem Matheabitur rangen. Von den rund 1160 Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25, die in Penzberg leben (Stand Ende 2016), hatten zumindest diese einen guten Grund, nicht zu kommen. Vielleicht sollten Versammlungen, in der Kreativität und Impulse fruchtbar werden sollen, künftig nicht in Prüfungsphasen veranstaltet werden. Für alle anderen gilt aber, das Privileg zu nutzen, die Zukunft zu gestalten. Auch wenn arbeitsintensive Tage bevorstehen oder gerade der Lieblingsfilm im Fernsehen läuft.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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