Kommentar:Bloß kein Jodel-Stil

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Beim Natura wissen die Stadträte, womit sie rechnen müssen. Sie sollten die Chance für Tölz nicht verplempern

Von Klaus Schieder

Wer wagt, gewinnt? Im Fall des neuen Tölzer Spa muss sich das erst herausstellen. Niemand kann garantieren, dass das Wellnessbad mit seiner sportkinesiologischen Ausrichtung wirklich den Nerv der Zeit trifft und genügend Gäste anlockt. Sicher ist hingegen, dass die Umkehrung des Sprichworts zutrifft: Wer nicht wagt, verliert. Ohne Spa und ohne die beiden neuen Hotels in der Nachbarschaft stünden Bad Tölz nach dem Ende der Sozialkur und des Spaßbads Alpamare touristisch düstere Zeiten bevor. Den Stadträten blieb in der Sondersitzung deshalb kaum eine andere Wahl, als für den Neubau zu stimmen.

Der Beschluss fiel allerdings nicht nach dem Motto "Augen zu und durch". Mit der professionellen Analytik der Projektentwickler von Redserve und dem nochmaligen Durchrechnen aller Zahlen durch die Spa-Expertin Sylvia Glückert hatte der Stadtrat eine gute Basis für seine Entscheidung. So gut, wie es eben geht. Er weiß jetzt, dass in den ersten Jahren mit einem Defizit zu rechnen ist. Er weiß aber auch, dass das neue Spa etwas bundesweit Einmaliges bietet. Die Aussicht ist also da, dass sich "Natura Tölz" in der Konkurrenz so vieler Wellnessbäder behauptet.

Diese Chance dürfen die Stadtverwaltung und die Stadträte, die bisher alles richtig gemacht haben, nun nicht verplempern. Sie müssen genau hinschauen, welcher Architekt engagiert werden soll. Gefragt ist weder ein Bauwerk im Jodel-Stil noch ein hypermoderner Klotz, sondern ein Spa, das sich ins Ortsbild einfügt und dennoch pfiffig, ja architektonisch aufregend aussieht. Noch wichtiger wird es aber sein, das Konzept mit den fünf chinesischen Elementen auf Tölzer Art stringent umzusetzen und zu bewahren. Dabei kommt es nicht darauf an, nun gleich jeden Türgriff auf Erde, Metall oder Holz auszulegen. Aber die Philosophie muss im gesamten Spa zu erkennen sein, von den Saunen über die Behandlungsräume bis zum Restaurant.

Und zwar auch dann, wenn "Natura Tölz" anfangs vielleicht nicht so gut läuft. Nichts wäre schlimmer, als furchtsam alles abzuwandeln und zu verwässern. Spa-Anlagen mit dem Charakter des Beliebigen gibt es schon zuhauf. Damit hätte Bad Tölz unter Garantie verloren. Die eigentliche Mutprobe steht den Stadträten also vielleicht noch bevor.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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