Kommentar:Bad Tölz baut vor

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Container für die Unterbringung von Asylsuchenden sind schwer zu bekommen. Nun macht die Stadt aus der Not eine Tugend

Von Felicitas Amler

Das nennt man aus der Not eine Tugend machen: Wohncontainer sind wegen großer Nachfrage derzeit schwer zu bekommen. Da baut Bad Tölz gleich ein Haus für Asylsuchende. Damit setzt die Stadt neue Maßstäbe für einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen.

Asylbewerber-Unterkünfte sind per se keine anheimelnden Orte. Wo viele Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur zusammenleben müssen, herrscht bald eine Grundanspannung. Bei Flüchtlingen kommt hinzu, dass sie schlimme Schicksale, traumatische Erlebnisse mit sich tragen, mit ihren Asylanträgen oft zu jahrelangem Warten verurteilt sind und völlig ungewisse Perspektiven haben. In Gemeinschaftsunterkünften gibt es keine Rückzugsorte, die eigenen Zimmer sind beengt, Küchen und sanitäre Anlagen müssen mit zig anderen geteilt werden. All das fördert eine negative Atmosphäre, psychische Beschwerden Einzelner und Konflikte der Gesamtgesellschaft.

Vieles könnte einfacher werden, wenn Flüchtlinge abgeschlossene Wohnungen hätten, wie Tölz sie jetzt plant. Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner hatte diese Idee schon vor zehn Monaten im Sozialausschuss des Kreistags eingebracht - damals ohne Resonanz. Der Landkreis könne selbst Flüchtlingswohnungen bauen, die eines Tages als Sozialwohnungen dienen könnten, hatte Schwendner erklärt. So einfach - und so gut. Denn Wohnungen werden ja allenthalben gebraucht, heute für Flüchtlinge, morgen für Einheimische. Und da im Moment ohnehin jede Gemeinde ihren Beitrag leisten muss, um das drängende Asylproblem zu lösen, könnte das Beispiel Tölz Schule machen. Mindestens in den anderen beiden Städten, Wolfratshausen und Geretsried. Aber warum eigentlich nicht auch in Gemeinden, die bisher keine Sozialwohnung haben? Drei Städte und 18 Gemeinden könnten gemeinsam eine Menge schaffen. Und nebenbei ein neues Modell interkommunaler Zusammenarbeit begründen: Lokal bauen, global helfen.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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