Klimafreundlicher Verkehr:Platz da fürs Radl

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In Wolfratshausen müssen vom 1. Juli an Stellplätze für Fahrräder nachgewiesen werden

Von Konstantin Kaip

Wer ein Haus baut, muss nicht nur an den Wohnraum denken, sondern auch an Parkplätze für die Autos. Schließlich gibt es in den Kommunen Stellplatzsatzungen, die eine bestimmte Anzahl vorgeben. In Wolfratshausen werden Bauherren von Juli an außerdem verpflichtet, ausreichend Abstellplätze für Fahrräder bereitzustellen. Dann tritt die neue Fahrradabstellplatzsatzung in Kraft, die der Wolfratshauser Stadtrat kürzlich beschlossen hat. Der Nachweis von Radlstellplätzen wird damit dem von Parkplätzen für Autos rechtlich gleichgestellt. Damit will Wolfratshausen als "fahrradfreundliche Kommune" ein Zeichen für den Radverkehr setzen.

"Bei der Errichtung von baulichen Anlagen, deren Nutzung einen Zu- und Abfahrtsverkehr mit Fahrrädern erwarten lässt, müssen Fahrradabstellplätze in ausreichender Zahl und Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit hergestellt und bereitgehalten werden", heißt es in der Satzung. Die definiert auch die erforderliche Größe und geeignete Gestaltung: Ein Fahrradabstellplatz muss demnach mindestens 70 Zentimeter breit und 1,80 Meter lang sein, die Fläche kann jedoch bei Abstellsystemen unterschritten werden, "wenn eine benutzerfreundliche Handhabung der Fahrräder gewährleistet ist". Die Räder müssen zueinander einen Abstand von jeweils 70 Zentimetern bei ebenerdigen Systemen und 50 Zentimetern bei Hoch- und Tiefeinstellung haben und am Rahmen abschließbar sein. Nicht allgemein zugängliche Abstellplätze müssen bei Wohnungen in abschließbaren, überdachten Räumen errichtet werden und bei Büros mindestens einen Wetterschutz haben.

Die Zahl der geforderten Stellplätze richtet sich nach der Art des jeweiligen Gebäudes. So müssen Mehrfamilienhäuser etwa einen Stellplatz für je 50 Quadratmeter Wohnfläche anbieten (davon 20 Prozent für Besucher), bei Büro- und Verwaltungsräumen fällt ein Radlstellplatz je 60 Quadratmetern an. Bei Räumen mit "erheblichem Besucherverkehr" wie Läden oder Arztpraxen muss ein Stellplatz pro 40 Quadratmeter Nutzfläche vorgehalten werden. Die Satzung regelt auch die Anzahl für Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Sportstätten und andere Einrichtungen. Ein- und Zweifamilienhäuser betrifft sie nicht. Den Vorschlag der Verwaltung, hier wie in der Stadt Garching vier Stellplätze pro Wohnung zu fordern, wollte der Bauausschuss nicht mittragen. Auf eine Forderung nach Lademöglichkeiten für Elektroräder wurde bewusst verzichtet, weil, wie es in der Beschlussvorlage heißt, der Akku der "wertvollste Teil des Rades" sei und daher meist getrennt vom Fahrrad aufbewahrt und geladen werde.

Die neuen Vorschriften seien ein "Statement", um den Radverkehr in der Stadt zu fördern, sagt Bauamtsleiterin Susanne Leonhard, die selbst wann immer es geht aufs Rad steigt. Die im September geänderte Bayerische Bauordnung sieht in den örtlichen Bauvorschriften eine Satzung für die Abstellplätze von Fahrrädern explizit vor. Zwar hatte Wolfratshausen seit 2010 bereits eine Richtlinie für Radlstellplätze bei Gebäuden. Die aber hatte nur empfehlenden Charakter und war nur dann bindend, wenn die Stadt einen neuen Bebauungsplan aufgestellt hat, wie Leonhard erklärt. Bei Neubauten sei es daher immer wieder vorgekommen, dass die Situation für Radfahrer unbefriedigend gestaltet worden sei. "Wenn man Glück hat, wird irgendwo ein Fahrradkeller errichtet, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie groß er sein muss und wie die Leute da hin kommen", sagt Leonhard. Wenn man dann sein Rad eine steile Rampe hinunter- und durch zwei schwere Feuerschutztüren hindurchschieben müsse, sei das "nicht zielführend". Derlei "Schleusen" seien nun nicht mehr zulässig. Laut der Satzung müssen die Abstellanlagen "ohne Treppen erreichbar nahe am Hauseingang liegen". Im Keller sind sie nur noch mit flach geneigten Rampen gestattet.

Die rechtliche Gleichstellung von Rad- und Autostellplätzen lässt in Wolfratshausen auch eine Ablöse zu, wenn Bauherren nicht die nötige Anzahl bereitstellen können. Sie müssen dann einmalig 500 Euro pro Stellplatz an die Stadt zahlen. So viel kostet laut Leonhard etwa ein Fahrradstellplatz im Freien. Das Geld muss die Stadt laut Satzung für die Verbesserung des Radverkehrs verwenden. Die neue Fahrradabstellplatzsatzung gilt für alle Bauanträge, die vom 1. Juli an bei der Stadt eingehen. Sobald sie in Kraft ist, soll sie auch auf der Homepage der Stadt unter www.wolfratshausen.de zu finden sein. Wie Leonhard sagt, erlassen immer mehr Kommunen solche Satzungen, vor allem die Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern", der auch Wolfratshausen angehört.

Die Änderung der Bayerischen Bauordnung hat der Stadtrat auch zum Anlass genommen, die Stellplatzsatzung für Autos zu ändern. Bauherren oder Hausbesitzer können nun zum Beispiel Stellplätze statt mit Geld auch mit "qualifizierten Mobilitätskonzepten" ablösen, die die Nachfrage nach Parkplätzen reduzieren. Wer etwa an einem Car-Sharing-Konzept teilnimmt, E-Bikes, Lastenräder oder Pedelecs bereitstellt oder seinen Mitarbeitern Jahreskarten für den öffentlichen Nahverkehr bezahlt, kann auf bis zu 25 Prozent der vorgeschriebenen Stellplätze verzichten. Auch können bei bestehenden Gebäuden die laut Satzung eigentlich notwendigen Autoparkplätze zugunsten von Fahrradabstellplätzen reduziert werden. Diese Regel wurde eingeführt, weil einige Supermärkte in der Stadt zu wenig Radlständer haben, den verfügbaren Platz auf dem Grundstück aber für die vorgeschriebenen Parkplätze brauchen. Wenn die Satzung in Kraft ist, will Leonhard die Marktbetreiber darauf hinweisen.

© SZ vom 21.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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