Greiling:Die letzte Fuhre

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Die Kreismülldeponie "Am Vorberg" ist voll. Sie wurde nach 25 Jahren am Dienstag mit einem symbolischen Akt stillgelegt. Streithähne von früher erinnerten dabei an die einstigen Konflikte um die acht Hektar große Fläche. Heute wird der Restmüll des Landkreises beim Nachbarn Weilheim-Schongau abgeladen.

Suse Bucher-Pinell

Der Wertstoffhof an der Deponie "Am Vorberg" bleibt wie gewohnt bestehen, aber drum herum wird es merklich ruhiger werden. Am Dienstag setzte ein Lastwagen die vorerst letzte Fuhre mit vorbehandeltem Hausmüll in Greiling ab. In naher Zukunft wird dort nichts mehr dergleichen verfüllt, vielmehr wird der Restmüll des Landkreises bei der Erbenschwanger Verwertungs- und Abfallentsorgungs-Gesellschaft mbH, kurz EVA genannt, eingelagert im Nachbarlandkreis Weilheim-Schongau.

Dafür übernimmt und behandelt die Tölzer Abfallverwertungsgesellschaft WGV den Biomüll von dort in ihren Anlagen in Quarzbichl. Nach fast 25 Jahren wird die Greilinger Deponie vorübergehend stillgelegt, mit Folie abgedeckt und rekultiviert. Dabei war sie schon viele Jahre länger in Betrieb als sie hätte sein sollen.

Acht Hektar Fläche, die rund 850 000 Kubikmeter Hausmüll aufnehmen kann. Eine ehemalige Kiesgrube wurde Ende der 1980er Jahre zur Deponie, sehr zum Missfallen vieler Bürger. "Was haben wir gestritten, wir zwei Feinde", erinnert sich Alt-Landrat Otmar Huber beim Pressetermin anlässlich des Endes der Verfüllung und lacht seinem damaligen Kontrahenten Hans Harrer, Alt-Bürgermeister von Reichersbeuern, zu.

Schlagzeilen wie "Hubers Müllnot ist Greilings Tod" kursierten. Wie ein Bettler sei sich Huber vorgekommen, als er auf der Suche nach Verbündeten unterwegs gewesen sei. "Ja, das war damals sehr, sehr ernst", erwidert Harrer. Druck habe es gegeben von unten, von den Bürgern, und von oben, von der Politik. In Geretsried hätten schon Pläne existiert für eine Müllverbrennungsanlage, dann habe es doch noch grünes Licht gegeben für Greiling, der Verwaltungsgerichtshof hatte entsprechend geurteilt. "Es war ein harter Kampf", sagt Huber.

Heute hören sich die Reden umso friedfertiger an. An der Existenz der Greilinger Deponie verzweifelt keiner mehr und auch die Kooperation läuft bestens. Sowohl der Tölzer Landrat Josef Niedermaier (FW) als auch sein Weilheimer Kollege Friedrich Zeller (SPD) lobt sie in höchsten Tönen. "Selten war eine Kooperation zweier Gebietskörperschaften so erfolgreich", sagt Zeller.

Jeder ziehe nur Vorteile daraus. Statt zwei Abfallverwertungsgesellschaften in zwei Landkreisen parallel zu betreiben, spezialisiert sich jede auf einen Teilbereich. "Man muss sich zusammentun", sagt er und wünscht sich, dass sich auch der Landkreis Garmisch-Partenkirchen mit seinen rund 90 000 Einwohnern noch anschließe.

Der "Mülltourismus" zwischen Weilheim-Schongau und Bad Tölz-Wolfratshausen begann vor sechs Jahren. Seitdem wird der Tölzer Restmüll nach Erbenschwang bei Schongau gefahren, dort mechanisch-biologisch behandelt, wieder aufgeladen und auf die Greilinger Deponie gebracht. Was ankommt, ist ein graues, trockenes und kleinteiliges Sammelsurium aus Plastikfolie, Teilen von Zahnpastatuben oder Joghurtbechern sowie undefinierbaren Überresten des täglichen Lebens.

Eliminiert sind Metalle und Kunststoffe sowie alles Material, das Bakterien verwerten können. Auf diese Weise reduziert sich die angelieferte Menge Müll um rund drei Viertel ihres Volumens. Ohnehin verminderte sich die anfallende Müllmenge durch die Einführung des "Tölzer Konzepts" 1992, das die Trennung von Wertstoffen, Bioabfall und Grüngut vorschreibt. So wurde die Restmüllmenge immer kleiner.

Ganz sich selbst überlassen wird die Deponie "Am Vorberg" aber nicht. Im bisherigen Wiegehaus wird eine Überwachungszentrale eingerichtet, die über verschiedene Messstellen und Pegel das Grundwasser kontrolliert. Zu dessen Schutz wurde die Deponie abgedichtet, das Sickerwasser wird über ein Leitungssystem erfasst und über die Kläranlage Bad Tölz entsorgt. Die abgedeckte Fläche wird mit Magerrasen eingesät, Sträucher werden gepflanzt, Steinhaufen als Rückzug für Reptilien angelegt und Greifvogelstangen aufgestellt. Für die 1,7 Millionen Euro teure Rekultivierung hat die WGV Rücklagen angespart.

© SZ vom 01.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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