Glosse:Oh, wie schön ist die Flößerstadt

Warum man sich manchmal nach der Ruhe in Wolfratshausen sehnt

Von Barbara Brießmann

Manche Wolfratshauser können sich nicht recht erklären, warum es Menschen nach Wolfratshausen zieht. Es sei doch nichts los an der Loisach. Trotzdem kommen immer wieder Tagesausflügler und Touristen in die Stadt. Wie ein junges Paar, das in der Flößerei sitzt und schwärmt von seinem wunderbaren Urlaub in der Flößerstadt. Gleich daneben bleibt ein Grüppchen älterer Herrschaften am Loisachufer stehen. "Ach, ist das schön hier!", flötet eine Dame alle paar Meter mit preußischer Note. Sie wolle gar nicht mehr weg aus Wolfratshausen.

Weg aus Wolfratshausen wollen am Abend die Tagesausflügler, sie fahren mit der S-Bahn Richtung München. Wie zwei etwas sonderbare Frauen mit thailändischen Wurzeln. Anderen Fahrgästen ist schon Sekunden nach dem Einstieg klar, was die beiden in Wolfratshausen getrieben haben: trinken. Die Folge: Jede nimmt mit Tüten, Taschen und Jacken gleich vier Plätze ein, zum Anstoßen mit Augustiner Vollbier müssen sie also dauernd aufstehen, obwohl sie sich gar nicht mehr richtig auf den Beinen halten können. Fast schon hysterisch wird fast ununterbrochen gelacht, lautstark lallend witzeln sie herum. Vielleicht ist es besser, dass niemand versteht, was sie sagen.

Das liegt natürlich an der fremden Sprache, nicht so sehr an den Jugendlichen, die ein Stück weiter im Waggon lauthals Lieder schmettern. Auch sie wollen abends weg aus Wolfratshausen. Für die Fahrt stärken sie sich mit Bier. Immer wieder müssen sie nämlich ihre Songs unterbrechen, um sich scheppernd zuzuprosten.

Manch ein Fahrgast sehnt sich in solchen Augenblicken nach einem ruhigen Abend in Wolfratshausen.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: